Das Koalitions-Puzzle

von Redaktion

Mit Koalitionen hat die CSU kaum Erfahrung – und wenn, dann keine guten. Auch 2018 muss sich wieder ein Bündnis finden. Selbst das Undenkbare scheint möglich: ein Bündnis ohne die Christsozialen.

VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER UND MIKE SCHIER

CSU/Freie Wähler

Die Freien Wähler als Partner – für die CSU ist das Reiz und Risiko. Inhaltlich passen die bürgerlichen Parteien am einfachsten zueinander. Differenzpunkte wie die dritte Startbahn (FW: strikt Nein) und die kostenlose Kinderbetreuung (ultimativ FW-Ziel) lassen sich in einem Kompromisspaket lösen. Als einzige Oppositionspartei wollen die Freien Wähler das Polizeiaufgabengesetz nicht komplett kippen, nur in Teilen überarbeiten. Weil die FW auch rein aus Bayern heraus gesteuert werden – von Multi-Chef Hubert Aiwanger –, wären die Absprachen im Bundesrat einfacher, keine Berliner Parteizentrale regiert rein. Strategische Sorgen gibt es in der CSU aber, die kommunal stark verwurzelten Freien Wähler durch Ministerämter weiter aufzuwerten. 2020 ist Kommunalwahl. Intern wird geraunt, Aiwanger könne sich ein großes Bau-, Verkehrs- und Heimatministerium bilden. Wie man mit beiden Händen Förderbescheide verteilt und Bürgermeister glücklich macht, dürfte er bei der CSU abgeschaut haben.

Schwarz-Gelb

Noch mal mit der FDP? Die letzten Umfragen geben dieses Bündnis nicht her, in der CSU würden es sich viele aber wünschen. Mit den Liberalen gäbe es Überschneidungen bei Bürokratieabbau und Kinderbetreuung, dem Ja zur dritten Startbahn und dem Nein zu Diesel-Fahrverboten. Knatsch droht beim Polizeiaufgabengesetz – die FDP will weitreichende Korrekturen, etwa bei der „drohenden Gefahr“; außerdem rüttelt sie am Verfassungsschutz-Landesamt. Ein aufgewertetes Wirtschaftsministerium würde die FDP für sich wohl beanspruchen – wie 2008. Schwierig wäre die Absprache im Bundesrat: In Bayern regierte die FDP ja dann mit der CSU, im Bund ist sie Opposition gegen die CSU.

Dreierbündnis

Ein Dreierbündnis mit FDP und Freien Wählern ist die Notlösung, wenn’s zu zweit nicht reicht. Ideologische Differenzen wären gering, die CSU müsste aber so viele Minister abgeben wie seit Jahrzehnten nicht mehr – fünf oder sechs, grob geschätzt. Die Absprachen in der Dreierrunde wären schwierig, FDP und FW fehlt Regierungserfahrung, sie werden sich aber wohl gegeneinander zu profilieren versuchen.

Schwarz-Grün

Dies wäre das spannendste Bündnis – aber auch spannungsreich. In beiden Parteien gibt es einige, die auf der Basis wertkonservativer Haltung dieses Wagnis eingehen würden. Vor allem die Grünen-Spitze würde gerne beweisen, dass sie mehr kann, als nur schöne Anträge im Landtag einzubringen, die die Mehrheit dann ablehnt. Doch die Hürden sind hoch: An der schwarzen Basis gibt es massive Vorbehalte. CSU-Strategen mahnen, die Partei würde weiter in die Mitte rücken und damit AfD und FW dauerhaft stärken. Auch die Grünen-Demonstranten, die derzeit fast wöchentlich auf die Straße gehen, dürften wenig begeistert sein, wenn aus #ausgesödert plötzlich #wirwählensöder würde.

Nicht zu vergessen sind die massiven inhaltlichen Differenzen, gerade bei Zuwanderung und Integration, auch in der Landwirtschafts- und Verkehrspolitik (Startbahn!). Dass Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze offen mit dem Innenministerium flirtet, wird von der CSU als pure Provokation aufgefasst.

Regenbogen-Koalition

Ein Bündnis gegen die CSU (und die AfD) scheint laut Umfragen erstmals möglich. 2013 unter Christian Ude (SPD) war das ernsthaft eine Option. Diesmal hieße der wahrscheinliche Ministerpräsident Ludwig Hartmann (Grüne), seine Mit-Kandidatin Schulze ist mit 33 zu jung für das Amt, selbst Hartmann hat die formale Altersgrenze von 40 Jahren erst im Juli geknackt. Inhaltlich gäbe es zwischen SPD, Grünen und FDP tatsächlich manche Überschneidung (beispielsweise lehnen alle das Polizeiaufgabengesetz ab, wollen aber mehr Polizisten). FDP-Chef Christian Lindner dachte deshalb erstaunlich laut bereits über ein solches Bündnis nach. Ärger gäbe es wegen der dritten Startbahn.

Hubert Aiwanger hält von all dem wenig: „Wir wählen keinen grünen Ministerpräsidenten.“ Die Erfahrung aus zehn Jahren Landtag zeigt aber, dass der FW-Chef seine Meinung zuweilen dem Lauf der Dinge flexibel anpasst.

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