Die Aktienmärkte beben. Was sich zur Wochenmitte an der Wall Street, aber auch in Deutschland abspielte, war nicht mehr weit weg von einem kleinen Crash. Nun suchen notorisch nervöse Börsianer ja von Berufs wegen unter jedem Kieselstein nach Anzeichen für bevorstehendes Ungemach. Aber richtig ist, dass sich die Risiken für die Wirtschaft mehren: Die immer mehr Fahrt aufnehmende italienische Etatkrise, die rasch in eine neue Euro-Krise münden kann, Trumps Handelskrieg, die Warnung des IWF vor Finanzmarktturbulenzen, der Absturz einiger Schwellenländer, die massive globale Verschuldung bei steigenden US-Zinsen – das ist ein gefährlicher Cocktail.
Nach zehn Jahren Super-Boom haben sich viele Deutsche daran gewöhnt, dass es wohl immer so weitergeht. Sie – und auch die Politiker – haben aufgehört darüber nachzudenken, was zu tun ist, um den Standort D fit zu machen für die Herausforderungen der Zukunft. Auch der Bayern-Wahlkampf ist geprägt von „grünen“ Wohlfühl-Themen. Kein Wort davon, dass der wichtigste Job-Motor im Freistaat, die Auto-Industrie, an der Klippe steht (wegen vieler eigener Fehler, aber auch manchen hysterischen bundesdeutschen Debatten). Und dass, wer Flüchtlingen helfen will, auch zusehen muss, dass genügend Geld dafür vorhanden ist. Belange der Wirtschaft und der mit Steuern und Abgaben hoch belasteten Mittelschicht spielen im Wahlkampf praktisch keine Rolle mehr. Umso angelegentlicher wird über Stilfragen gestritten, zum Leidwesen der CSU. Es stimmt ja: In Stilfragen war die CSU zuletzt nicht immer ganz trittsicher, um es vornehm auszudrücken. Das sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass es an diesem Wahlsonntag um sehr weitreichende Weichenstellungen geht. Wichtiger als Denkzettel sind tragfähige Konzepte für die Zukunft.
Georg.Anastasiadis@ovb.net