München – Am Ende dürften zwei Herren in gesetztem Alter den Unterschied gemacht haben. Die komplizierte Auszählung der Zweitstimmen läuft am Montag noch, da zeichnet sich zumindest in Oberbayern ab, dass Helmut Markwort (81) und Wolfgang Heubisch (72) sehr viele Stimmen gezogen haben. Ironie am Rande: Markwort landete erst als Nachrücker so weit oben auf der Liste, weil der eigentliche Kandidat im Landkreis München, Tobias Thalhammer, wutentbrannt die FDP verließ und zur CSU überlief. Am Ende könnte ausgerechnet dies jene Stimmen geliefert haben, die die FDP über die Fünf-Prozent-Hürde hoben.
Bis 1.15 Uhr müssen die Liberalen in der Nacht zu Montag zittern. Dann bricht sich ein Jubel Bahn, wie sonst höchstens beim TSV 1860 München, wenn er von der vierten in die dritte Liga aufsteigt. Die Hängepartie zwischen Außerpalamentarischer Opposition und Parlament war schwer erträglich. „Das brauche ich nicht jedes Mal“, stöhnt Heubisch noch am Tag danach. Immerhin hat der Ex-Minister da bereits Gewissheit, dem neuen Landtag anzugehören. Andere zittern am Montagnachmittag noch. Sicher ist nur: Die neue, kleinste Landtagsfraktion wird elf Mitglieder haben.
Löwen-Fan Martin Hagen ist zu diesem Zeitpunkt schon wieder auf dem Weg zurück nach München. Trotz langer Wahlnacht sitzt er – nach einer Stunde Schlaf – um 6 Uhr im Flieger nach Berlin. Bundesvorstand, Schulterklopfen, Auftritt vor der Hauptstadtpresse. Dann geht es wieder zurück. Abends wartet der Landesvorstand.
Am morgigen Mittwoch wird die neue Fraktion erstmals zusammenkommen. Spitzenkandidat Hagen kündigt selbstbewusst an, dass er natürlich für den Vorsitz kandidieren werde. Widerstand ist bislang nicht auszumachen, auch wenn das Ergebnis von 5,1 Prozent nicht ganz den gesteckten Zielen entspricht. Hagen, so heißt es, habe vieles richtig gemacht. Seine mangelnde Bekanntheit war jedoch bis zuletzt ein Problem. Auch Berlin half nicht: Das Jamaika-Aus habe sich an den Infoständen als Problem entpuppt, sagt Heubisch. „Das hatte ich nicht in dieser Dimension erwartet.“
Doch mit öffentlicher Fehleranalyse will sich kaum einer aufhalten: Alle wissen, wie schwer es die Liberalen in Bayern haben – seit den 80er-Jahren schafften sie nur zwei Mal den Sprung in den Landtag. Das letzte Mal, 2008, ging es direkt von der Apo in die Regierung. Nach fünf Jahren flog man wieder raus.
Jetzt also Opposition. So wie letztmals in der Legislaturperiode 1990 bis ’94. „Der Wähler hat uns klar diesen Auftrag gegeben“, sagt Hagen. Die Themen sollen die gleichen wie im Wahlkampf sein: gerechte Bildung, schnelles Internet und Infrastruktur. Die Freien Wähler seien gegen die Dritte Startbahn sowie den Südlink. Ohne diese Stromtrasse funktioniere die Energiewende allerdings nicht. „Da werden wir den Finger in die Wunde legen“, kündigt Hagen an.
Manch einer findet das mit der Opposition gar nicht so schlecht. Man könne sich im Parlament einen Namen machen. Gerade für Hagen ein Vorteil, der spät Spitzenkandidat wurde und bis zuletzt mit mangelnder Bekanntheit kämpfte. Immerhin: Der 37-Jährige zog junge Wähler – bei unter 30-Jährigen holte die FDP neun Prozent. „Das ist ein deutliches Zeichen, dass sich unsere Außenwahrnehmung geändert hat“, sagt Matthias Fischbach, Spitzenkandidat der Jungen Liberalen. Es sind also nicht nur die Heubischs und Markworts, die Wahlen gewinnen.