Fast schon verzweifelt bittet die Kanzlerin um Vertrauen in die Arbeit der Großen Koalition. Dafür, dass dieses Vertrauen nicht in den Himmel wächst, aber sorgen zuverlässig ihre eigenen Parteifreunde: Schäubles Warnung vor „Erschütterungen“ nach den Wahlen in Bayern und Hessen und Bouffiers gehässige Schuldzuweisungen an die CSU waren nicht die Hilfe, die man sich in München im Wahlkampfendspurt von den Parteifreunden gewünscht hätte. Vieles, was derzeit passiert, verrät Endzeitstimmung. Jeder kämpft nur noch für sich selbst.
Besonders bei Schäuble lohnt es sich, genau hinzuhören. Über seinen aufklärenden Hinweis, Angela Merkel sei in der CDU nicht mehr „so unangefochten“, war man im Kanzleramt sicher ebenso wenig erfreut wie über sein Spekulieren über eine Minderheitsregierung. Dasselbe gilt für die von Schäubles Schwiegersohn Thomas Strobl, dem starken Mann der Südwest-CDU, am Montag wieder ins Spiel gebrachte Jamaika-Koalition. Denn beide Alternativen zur Großen Koalition eint der Umstand, dass die Kanzlerin wohl nicht mehr Angela Merkel hieße.
Schäubles Einlassungen dürfen als Ermutigung an seine Partei betrachtet werden, nach einem möglichen Debakel bei der Hessenwahl in elf Tagen den Bruch mit der Ära Merkel nicht zu scheuen. Dasselbe gilt für den Fall, dass die SPD die Regierung verlässt. Nichts und niemand ist alternativlos, ruft Schäuble seiner CDU zu. Klingt ganz so, als halte sich da ein neuer (Übergangs-)Kanzler bereit.
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