Nürnberg – Als Konsequenz aus dem desaströsen Ergebnis bei der Landtagswahl vor einer Woche zieht die bayerische SPD die für Mai 2019 geplante Neuwahl des Landesvorstands auf Januar vor. Das Parteigremium stimmte am Sonntag dem Vorschlag der massiv unter Druck stehenden Landesvorsitzenden Natascha Kohnen zu, den Wahlparteitag vorzuziehen. Darüber war bereits in den vergangenen Tagen SPD-intern diskutiert worden. Trotz des historisch schlechten Wahlergebnisses von 9,7 Prozent lehnt Kohnen einen Rücktritt ab. „Ich werde mich wieder bewerben als Landesvorsitzende der bayerischen SPD“, kündigte sie in Nürnberg an.
Die Reaktionen im Landesvorstand auf ihre erneute Kandidatur „waren sehr freundlich“, sagte Kohnen. Gegenkandidaturen seien nicht angekündigt worden. Sie stelle sich aber jedem Wettbewerb.
Kurze Aufregung gab es während der Sitzung, weil der Vorschlag, den Parteitag vorzuziehen, bereits während der Sitzung nach außen gedrungen war. „Das zeigt, dass die Nerven doch ziemlich blank liegen“, erklärte ein Teilnehmer. Im Vorfeld der Sitzung hatten sich ehemalige Parteigrößen sehr kritisch geäußert. Neben dem Münchner Alt-OB Christian Ude, der allerdings auch in der Partei immer mehr mit Skepsis beäugt wird, meldete sich auch Renate Schmidt zu Wort. Kohnen habe „zu still und zurückgezogen“ agiert.
Neben Kohnen will auch Generalsekretär Uli Grötsch sein Amt behalten, wie er sagte – wenngleich er die politische Verantwortung für diesen Wahlkampf gehabt habe und sich dieser Verantwortung stelle. Das Landtagswahlergebnis bedeutet für die SPD im Vergleich zu 2013 mit dem Spitzenkandidaten Christian Ude eine Halbierung. Bereits unmittelbar nach der Wahl waren erste Rücktrittsforderungen an Kohnen laut geworden. In der Folge hatte sie eine umfassende Aufarbeitung angekündigt – wie diese konkret aussehen soll, ist offen.
Bereits am Donnerstag hatte die auf 22 Abgeordnete geschrumpfte SPD-Landtagsfraktion mit der Aufarbeitung begonnen. Ein externer Berater kam dabei dem Vernehmen nach unter anderem zu dem Schluss, dass neben der schlechten Performance der SPD in der Bundesregierung auch die auf Kohnen zugeschnittene Wahlkampagne im Land ein Grund für das schlechte Ergebnis war.
Kohnen kündigte an, dass das Thema Große Koalition „mit Sicherheit“ nach der Landtagswahl in Hessen in einer Woche auf die Tagesordnung kommen werde. „Wir haben das aber heute nicht zum Thema gemacht, sondern jetzt geht es wirklich um die bayerische Sichtweise.“ In den vergangenen Monaten hätten die Menschen Entscheidungen der Regierung in Berlin nicht nachvollziehen können – etwa den Diesel-Kompromiss oder die zunächst geplante Beförderung des Hans-Georg Maaßen. Dieser ist übrigens noch immer als Verfassungsschutz-Präsident im Amt.
Ihre Partei müsse den Menschen zudem besser deutlich machen, „wofür wir stehen“, sagte Kohnen. Viele Wähler sagten ihr bei Themen wie bezahlbarer Wohnraum, soziale Gerechtigkeit und Pflege: „Sie haben Recht, aber wählen muss ich Sie nicht.“ Die SPD müsse daher besser darin werden, ihre Positionen durchzusetzen. Im Herbst würden in Berlin „die großen Themen“ verhandelt wie Einwanderungsgesetz, Arbeitsmarkt und Mietpaket. „Da muss die SPD klare Ergebnisse bringen“, forderte Kohnen. dpa/mik