Riad – Als jungen, dynamischen Reformer präsentiert das saudische Königshaus den Thronfolger. Aber Kronprinz Mohammed bin Salman gerät im Fall des getöteten Journalisten Jamal Khashoggi selbst in den Fokus – und sein hippes Namenskürzel „MbS“ hat bei einigen Kritikern und im Internet eine neue Bedeutung bekommen: „Mr. Bone Saw“: der Mann mit der Knochensäge.
Nach allen Beteuerungen, der Journalist habe das saudische Konsulat nach seinem Besuch wieder verlassen, präsentierte das Königshaus am Wochenende plötzlich eine ganz neue Erklärung: Ein Team von 15 Männern habe sich Anfang Oktober auf den Weg nach Istanbul gemacht, um den Journalisten Jamal Khashoggi zu treffen. Die Männer wollten ihn angeblich in seine Heimat „zurückbringen“ – was wohl ein beschönigender Ausdruck für eine Entführung sein dürfte. Dabei, so die Darstellung, sei es im Konsulat zu einer Prügelei mit den Männern gekommen, in deren Folge Khashoggi starb. 18 Staatsangehörige seien nun festgenommen, zwei Berater des Kronprinzen entlassen worden: der Vizechef des Geheimdienstes, Ahmed al-Asiri, und der für Medienangelegenheiten zuständige Saud bin Abdullah al-Kahtani. Gerade Al-Kahtani galt vielen immer als enger Vertrauter des Kronprinzen.
Vergangenen Sommer schrieb Saud al-Kahtani auf seinem Twitterprofil: „Glauben Sie, ich könnte einfach auf eigene Faust ohne Anweisungen handeln? Ich bin ein Angestellter und ehrlicher Vollstrecker der Befehle von meinem Herren, dem König, und seiner Hoheit dem Kronprinz“. Nun aber soll genau das gemacht haben, was er in seinem Tweet als unmöglich darstellt: Ohne Wissen von Kronprinz Mohammed zu handeln. Der Tweet Al-Kahtanis vom August 2017 verbreitete sich am Samstag rasant. Er zeigt, welches Problem die Herrscher haben: Ihre Version des Verbrechens, die die Königsfamilie entlasten soll, erscheint vielen ziemlich unglaubwürdig.
Die regierungsnahe türkische Zeitung „Yeni Safak“ berichtete zudem, dass einer der 15 Verdächtigen bereits in der vergangenen Woche bei einem „mysteriösen Verkehrsunfall“ ums Leben gekommen sein soll.
Nun kommt es vor allem darauf an, ob US-Präsident Donald Trump die neue Erklärung akzeptiert oder ob er den Druck erhöht. Er sei „nicht zufrieden, bis wir die Antwort haben“, sagte er in einer ersten Reaktion bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Nevada. Mit Verweis auf „eine Million“ US-Jobs sprach sich Trump aber erneut dagegen aus, ein milliardenschweres Rüstungsgeschäft mit Riad auf Eis zu legen. Es gebe aber „andere Dinge, die getan werden könnten, dazu gehören auch Sanktionen“.