Eine abgebrochene Kreide beim Anschreiben der Dar- steller und die Frage, warum die Rolle des Engels nicht von einem Mädchen gespielt wird. Zwei „Problemchen“ im Vorfeld des weltgrößten Laienspiels. Wenn es sonst nichts zu diskutieren gibt. Oberammergau und seine Passionsspiele, das passt. Die Macher sind Meister ihres Fachs. Man braucht nur zurückzublättern in den Ortsannalen, und findet reichlich Pleiten, Streit und Skandale: Gefälschte Tickets, Gemeinde vor der Pleite (2009), Gräben und Feindschaft im Dorf nach der Reform-Passion.
Für Aufbruch, Umbruch und Erfolg steht Christian Stückl – auch wenn er vom konservativen Lager als Diktator gebrandmarkt wird. Er schafft es vor allem, die Jugend für das Theater zu begeistern. Auch die Weiterentwicklung des Gelübdespiels rangiert für ihn an höchster Stelle. Sein Credo: Tradition muss leben, und die Botschaft Jesu wieder viel mehr in den Mittelpunkt rücken.
Stückl steht für Integration. Zwei Beispiele: Er machte mit Abdullah Kenan Karaca, einen Sohn türkischer Eltern, der in Deutschland geboren ist, zum Stellvertretenden Spielleiter. Jetzt erhielt sogar ein junger Mann mit muslimischen Wurzeln in einem christlichen Spiel eine Hauptrolle. Zwei, die sich heimisch fühlen, einheimisch. Ein mutige Einstellung in diesen spaltenden Zeiten.
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