München – Manchmal ist es lästig, dem Partner zuhören zu müssen. Markus Söder steht nun also vor den Kameras und muss regungslos Hubert Aiwanger lauschen. „In der Koalition sind wir besser als einer alleine“, verkündet der Freie-Wähler-Chef. Das unwidersprochen zu lassen, ist hart für Söder, in dessen CSU-Leben Koalitionen eher ein Betriebsunfall sind.
Die Partnerschaft mit den Freien Wählern ist für die CSU der Preis des Weiterregierens. Auch wenn sich Söder und seine Leute eher erzwungen, Aiwanger und sein Team euphorisch in die Koalitionsverhandlungen stürzen, läuft es an den ersten Tagen überraschend gut. Striktes Stillschweigen haben sich die Unterhändler verordnet, viele halten sich daran. Das Wenige, das nach außen dringt, zeugt eher von Harmonie hinter verschlossenen Türen.
„Bisher gut, sehr schnell, sehr seriös“, sagt Söder am Dienstagmittag bei einer offiziellen Zwischenbilanz. Von „bürgerlichem Geist“ sei die Koalition geprägt. Offenbar finden sich seit Freitag auf den großen Politikfeldern Finanzen, Familie, Wirtschaft, Inneres so deutliche Überschneidungen, dass kein Partner Unzumutbares akzeptieren müsste. Konsens ist, dass weiterhin Schulden getilgt statt gemacht werden. Das klingt selbstverständlich, kollidiert aber mit hohen Ausgabenwünschen beider Seiten.
Söder will das neue Familiengeld halten, Aiwanger will zugleich eine komplett kostenfreie Kinderbetreuung. Unterhändler berichten, ein Einstieg in günstigere Kitas, etwa über ein Stufenmodell, solle es auf jeden Fall geben. „Wir verstehen uns als Familienkoalition“, sagt Söder vage, spricht von einem „klaren Signal an Familien und Alleinerziehende“. Aiwanger sagt, das Thema Familie werde „ganz groß rauskommen“.
Jeden Tag besprechen die Unterhändler drei große Themenblöcke, am heutigen Mittwochnachmittag werden die beiden Fraktionen tagen. Ziel ist, bis Freitag einen ersten Durchgang der Inhalte abzuschließen. Am Samstag will Aiwanger einen Freie-Wähler-Parteitag einschalten und sich dort einen Vorratsbeschluss für ein Ja zum Koalitionsvertrag holen. Man könne bis dahin „mit unseren Leib- und Magenthemen durch“ sein. Das hieße, dass die Kinderbetreuung, eine weitere Rückzahlung von Straßenausbau-Beiträgen und zumindest ein Moratorium für die dritte Startbahn Konsens sein sollen.
Nächste Woche werden dann die Pläne durchgerechnet, Kompromisse verpackt und das Personal geregelt. Noch ist offen, welche Ministerien die Freien Wähler beanspruchen. Als möglich gilt ein kombiniertes Bau-, Verkehrs- und Heimatministerium für Aiwanger und einen Staatssekretär, dazu die Ressorts Wissenschaft, vielleicht Wirtschaft und Justiz. Letzteres wollen CSU-Innenpolitiker vermeiden.
Wie dick der Vertrag wird, zeichnet sich noch nicht ab. 2008, bei CSU und FDP, genügten 71 Seiten. Geplant ist in der Koalition auch wieder ein Sicherungsmechanismus, wer welche Fragen regeln darf. Kern: Wichtige Beschlüsse bedürfen der Einstimmigkeit. Regelmäßig soll ein Koalitionsausschuss mit Fraktions- und Parteichefs über neue Vorhaben beraten. Man müsse sehen, „dass man am Ende nicht lahmgelegt wird“, sagt Aiwanger. Das gelte für beide Seiten.