Rom – „Die EU kann uns gerne ihre Briefchen bis Weihnachten schicken, an unserem Kurs wird sich kein Jota ändern“. Es war noch einer der freundlicheren Sätze, die Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini gestern in die Mikrofone sprach. Die klare Ablehnung ihres ersten Haushaltsplans durch die EU-Kommission hat Italiens Populisten-Regierung auf dem falschen Fuß erwischt.
Lange hatte man bei der Fünf-Sterne-Bewegung und Lega trotz aller Warnungen geglaubt, Brüssel lasse sich schon irgendwie über den Tisch ziehen; und sei es nur, um einen schweren Konflikt mit einem der wichtigsten Mitgliedsstaaten zu vermeiden. Die Rechnung ging nicht auf, Brüssel bleibt hart. Das antieuropäische Lager in Rom schäumt. Wortführer Salvini griff zum schweren Säbel. „Wir sind das Opfer einer europaweiten Lügenkampagne“. Das alles seien nur „anti-italienische Reflexe der Brüsseler Bürokraten“, wütete er. Änderungen am Finanzplan, der ein Bürgergeld für sozial Schwache und niedrigere Steuern vorsieht, schloss er kategorisch aus. Die Kommission hatte zuvor den Haushaltsentwurf der italienischen Regierung zurückgewiesen, weil sie in der immensen Neuverschuldung einen besonders dreisten Verstoß gegen die Stabilitätskriterien im Euroraum sieht.
Doch nicht nur der verbale Schlagabtausch zwischen den Populisten und Brüssel spitzt sich zu. Bei der Vorstellung des Italien-Berichts von Finanzkommissar Pierre Moscovici kam es zu einer bizarren Szene. Der Europaabgeordnete Angelo Ciocca von der Lega näherte sich mit einem Schuh in der Hand dem Rednerpult und trat damit am Ende der Pressekonferenz auf die Dokumente und Notizen von Moscovici ein. „In Straßburg habe ich mit einer Sohle made in Italy den Berg von Lügen, die Moscovici über unser Land geschrieben hat, mit Füßen getreten“, twitterte Ciocca. „Italien verdient Respekt und diese Euro-Schwachköpfe müssen es verstehen: Wir senken nicht länger den Kopf!“ Moscovici nannte die Aktion „grotesk“.
Auch die Opposition gab sich entsetzt. „Diese Regierung blamiert Italien in aller Welt und bringt unseren Wohlstand in Gefahr“, so Anna Maria Bernini, Fraktionschefin von Forza Italia. „Die populistische Schuldenmacherei zwingt Italien auf die Knie, nicht die europäischen Stabilitätsregeln“, sagte PD-Senatorin Laura Garavini.
Ministerpräsident Giuseppe Conte hat derweil bei einem Besuch in Russland die „Stabilität“ der italienischen Wirtschaft gepriesen. Sie stehe auf „starken“ Grundlagen, sagte er vor italienischen und russischen Wirtschaftsvertretern. Italien müsse „nur“ seinen Weg fortsetzen. Die Regierung werde ihren Teil beitragen. INGO-MICHAEL FETH