SEBASTIAN HORSCH
Wer nach der Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi harte Konsequenzen für das Königshaus in Riad fordert, mag auf den ersten Blick ein wenig naiv erscheinen. Im Jemen töten saudische Bomben schließlich seit Jahren tausende Menschen. In saudischen Gefängnissen leiden Dutzende täglich Folterqualen. Alle wissen das. Trotzdem wird das Königshaus im Westen hofiert. Wegen eines einzigen Toten mehr soll sich das nun ändern?
Ja. Unbedingt. Denn der Fall Khashoggi ist besonders. Das Sterben des regimekritischen Journalisten ist detailliert dokumentiert. Jeder kann sich vorstellen, was der Mann in seinen letzten Minuten gefühlt haben muss: die Angst, die Schmerzen, die Verzweiflung. Wie die westliche Welt mit seinem grausamen Tod umgeht, beantwortet für Millionen die Frage: Könnte auch mich jemand folgenlos vor den Augen und Ohren der Öffentlichkeit töten, wenn er nur einflussreich genug ist?
Um den fatalen Eindruck zu verhindern, wer dem Westen nützt, dürfe machen, was er will, braucht es nun eine harte und entschiedene Reaktion der internationalen Gemeinschaft. Persönliche und wirtschaftliche Sanktionen, die das Königshaus treffen, wo es ihm wehtut: bei seinen Geschäften. Natürlich wird auch das aus Saudi-Arabien keine Vorzeigedemokratie machen. Doch ob es diese Reaktion gibt oder ob sie ausbleibt, wird nicht zuletzt auch von all den Regimen genau beobachtet, die ihren Kritikern selbst gerne den Hals zudrehen würden.
Sebastian.Horsch@ovb.net