Trump und das Rätsel um die Rohrbomben

von Redaktion

Eine Paketbomben-Serie hält die USA in Atem. Sogar Robert de Niro und Joe Biden erhalten verdächtige Post. Präsident Trump spricht von einer Mitschuld der Medien.

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Washington – Es waren zwei weitere Pakete mit rohrbombenähnlichen Vorrichtungen, die gestern im New Yorker Stadtteil Tribeca und in einer Post-Sortierzentrale im Bundestaat Delaware entdeckt wurden. Die vorerst letzten Empfänger: Schauspieler Robert de Niro und Ex-Vizepräsident Joe Biden. Sie verbindet mit den anderen sieben Adressaten – der linksliberale Milliardär George Soros, die Ex-Präsidentenfamilien Clinton und Obama, der oft bei CNN zugeschaltete ehemalige CIA-Direktor John Brennan und Politiker der Demokraten – eines: scharfe Kritiker von Donald Trump zu sein.

Das FBI fahndet fieberhaft nach den Urhebern und weiteren Paketen, scheint aber noch keine klaren Hinweise zu haben. In den politisch tief gespaltenen und nun geschockten USA gibt es deutliche Bewertungen dieser Vorgänge. Die „Washington Post“ titelt, nach seiner zündelnden Rhetorik würden die Ziele von Trumps Worten die Ziele von Bomben.

Damit implizierte die Zeitung, dass es ein Anhänger des Präsidenten aus dem rechten Spektrum sein muss, der nun die Linksprominenz ins Ziel nimmt. Doch von den Ermittlungen her gibt es dafür bisher keine Hinweise. US-Medien meldeten gestern unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass zwei Fakten auffällig seien: Zum einen seien die Bomben bewusst oder unbewusst so konstruiert, dass keine Chance bestanden habe, dass sie beim Auspacken detonieren würden. Zum anderen habe der Versender die meist unzureichend frankierten Sendungen teilweise mit klaren orthografischen Fehlern versehen, sodass diese dem Secret Service auffallen konnten.

Unabhängig von der offenen Frage nach den Urhebern betätigte sich der Präsident ebenfalls als Schuldzuweiser. Die Medien müssten die „endlose Feindseligkeit“ und „die oft falschen Attacken und Geschichten beenden“, forderte Trump bei einem Wahlkampfauftritt und später über Twitter. In der Vergangenheit hatte der Präsident unliebsame Medien wie CNN oder die „Washington Post“ immer wieder – unter dem Applaus seiner Anhänger – als „Feinde des Volkes“ bezeichnet und kürzlich einen Kongressabgeordneten für dessen körperliche Attacke gegen einen Journalisten gelobt. Die Opposition nannte Trump kürzlich „bösartig“.

Kritiker bei führenden Medien beklagen sich seit längerem über Drohungen gegen Leib und Leben. Im vergangenen Jahr hatte der Präsident noch ein manipuliertes Video über Twitter verschickt, dass ihn dabei zeigt, wie er einen Mann umwirft, auf dessen Gesicht er das CNN-Logo gelegt hatte. Am Mittwochabend gab er sich dann jedoch in Wisconsin auf dem Podium plötzlich als überparteilicher Gegner von Gewalt. Man müsse aufhören, politische Gegner als „moralisch defekt“ anzusehen. Der Präsident versäumte bei dem Auftritt nicht, sich selbst ironisch zu loben: „Seht Ihr alle, wie gut ich mich heute benehme? Habt ihr das jemals gesehen?“ Seine Worte waren, abgesehen von der üblichen Medienschelte, tatsächlich ein Kontrast zu seinen üblichen herabsetzenden Bewertungen, in denen er beispielsweise Hillary Clintons Inhaftierung forderte oder Barack Obama einst vorwarf, die Terrorbewegung IS mitbegründet zu haben.

Zuletzt hatten sich allerdings auch provokative Aussagen unter den Demokraten gehäuft. So hatte die Abgeordnete Maxine Waters, die jetzt zu den Adressaten eines Pakets zählte, die Basis aufgerufen, Vertreter der Trump-Regierung und konservative Kongressmitglieder bis in Restaurants zu verfolgen, um sie anzuschreien und zu vertreiben. Andere rücken Trump-Anhänger immer wieder in die Nähe von Faschisten und Nazis. Robert de Niro sagte, er möchte Trump „ins Gesicht schlagen“.

In sozialen Medien und auch im konservativen Sender „Fox News“ wird verstärkt die Ansicht vertreten, es könne sich bei den Bombenpaketen auch um eine Operation unter „falscher Flagge“ handeln, die von demokratischen Aktivisten durchgeführt worden sei, um vor den Kongresswahlen am 6. November Sympathien für ihre Partei zu erzeugen. Dafür sprächen, so die Vertreter dieser kühnen These, unter anderem auch der Umstand, dass keiner der Adressaten zu Schaden gekommen sei.

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