Washington – Es werde angesichts der Fülle der verfügbaren Indizien vermutlich in nur zwei bis drei Tagen eine Festnahme geben, hatten Kriminalisten mit Blick auf die Briefbombenserie prophezeit, die die USA kurz vor den Kongresswahlen in Angst und Schrecken versetzt hat. Gestern gegen 11 Uhr Ortszeit nahm das FBI dann in einem Vorort von Miami Cesar Sayoc fest, der als Urheber der mittlerweile zwölf georteten Sendungen an prominente Demokraten und Trump-Kritiker wie die Ex-Präsidenten Barack Obama und Bill Clinton sowie Mitarbeiter des Senders CNN gilt.
Nach der Festnahme ist der Verdächtige angeklagt worden. Das teilte US-Justizminister Jeff Sessions auf einer Pressekonferenz mit. Der Verdächtige muss sich demnach unter anderem wegen des illegalen Versands von Sprengstoff sowie Drohungen gegen frühere Präsidenten verantworten. Insgesamt gab es fünf Anklagepunkte. Sollte er für schuldig befunden werden, drohen ihm den Angaben zufolge 58 Jahre im Gefängnis.
Der Wohnort des Verhafteten in Aventura (Florida) ist nicht weit von einem Post-Sortierzentrum in Opah Locke entfernt, durch das mehrere der Sendungen gelaufen sind, Das erleichterte den hunderten von Beamten, die an der Fahndung beteiligt waren, die Ermittlungen. Ebenso sollen die FBI-Experten durch sorgfältige Analysen der Bomben-Bestandteile dem Urheber so schnell auf die Spur gekommen sein.
Bevor die Festnahme des Mannes an seinem Arbeitsplatz– einer Auto-Reparaturstätte im Ort Plantation – gestern bekannt wurde, hatten die Behörden in New York zwei weitere Bombenpakete geortet, die an den früheren US-Geheimdienstdirektor James Clapper und den demokratischen Senator Cory Booker, der mit einer Präsidentschaftskandidatur liebäugelt, gerichtet waren.
Ermittler stellten gestern auch einen von dem Verdächtigen genutzten Transporter sicher, dessen Scheiben und Stoßstangen mit zahlreichen pro-republikanischen Aufklebern – darunter dem offiziellen Präsidenten-Siegel des Weißen Hauses, Fotos von Donald Trump und Anti-CNN-Parolen („CNN sucks“) – versehen waren.
Im US-Justizministerium hieß es gestern, man sei sicher, die richtige Person zu haben. Der 56-jährige Mann sei mehrfach vorbestraft und habe auch Beziehungen nach New York gehabt, wo der Hauptteil der Paket-Addressaten lebt. Die Ermittlungen richten sich nun vor allem auf die Frage, ob der Versender der Bomben dies allein tat oder ob er Mithelfer hatte – und ob noch weitere, bisher unentdeckte Sendungen unterwegs sind. Keiner der Sprengsätze war explodiert, weil sie offenbar – bewusst oder unbewusst – nicht fachgerecht zusammen gesetzt worden waren.
Über eine mögliche politische Motivation des Verdächtigen wurde bisher über die zahlreichen Autoaufkleber hinaus noch nichts bekannt. Dieser Aspekt ist besonders wichtig, da in den USA derzeit erbittert die parteipolitisch geprägte Debatte geführt wird, welchen Einfluss die Reden und gelegentlich auch Gewalt gutheißenden Aussagen von Präsident Donald Trump auf das Verhalten des mutmaßlichen Täters hatten. In einer Stellungnahme zu der Festnahme bemerkte Trump, die Ermittler hätten „unglaubliche Arbeit“ geleistet. Die Terrorakte seien abscheulich und hätten keinen Platz im Land.