WIE ICH ES SEHE

Deutsche Automobilindustrie – quo vadis?

von Redaktion

Als Vorstandsvorsitzender von 1970 bis 1993 hat Eberhard von Kuenheim die BMW AG zu einem Weltunternehmen geformt. In dieser Woche wurde der hochverdiente Chef aus Anlass seines 90. Geburtstages geehrt durch ein Mittagessen mit vom Jubilar ausgewählten Gästen im BMW-Werk Dingolfing. 18 000 Menschen arbeiten dort, eine ganze Region bis hin nach Passau lebt von diesem Arbeitgeber.

Alkohol zu trinken ist auf dem Firmengelände untersagt und selbstverständlich gab es deswegen auch keinen Alkohol in der Mittagsrunde, dafür aber neben Würdigungen durch die heutigen BMW- Verantwortlichen auf Wunsch des Jubilars einen Fachvortrag zum Thema China, das wohl wichtigste Land für die Zukunft von BMW.

40 000 Mann-Jahre setzt der Konzern jährlich ein für Forschung und Entwicklung. Es besteht kein Zweifel, dass auch die Autos der Zukunft hier maßgeblich mit erfunden werden. Aber die aktuelle und bis ins Absurde gesteigerte deutsche Dieseldiskussion beginnt, auch bei BMW Schatten auf diese Zukunft zu werfen. Man wird einfach in Mithaftung genommen für Vorgänge, die VW mit seiner betrügerischen Abschalt-Software ausgelöst hat.

Länder wie Südkorea nehmen die deutsche Dieseldiskussion als Vorwand, um der einheimischen Autoindustrie wettbewerbswidrige Vorteile zu verschaffen. So wird der Verkauf von BMW-Dieselfahrzeugen dort massiv behindert. Ein Segen, dass der Konzern in China so gut unterwegs ist und im amerikanischen Spartanburg sowieso sein weltweit größtes Werk unterhält. In Deutschland dagegen darf eine kleine Gruppe von Umweltaktivisten mithilfe der Gerichte eine Dieselverbotszone nach der anderen schaffen, worüber schon im restlichen EU-Europa unverständliches Kopfschütteln herrscht. Niemand fragt, wie viel von dem bemängelten Schadstoffausstoß etwa in einer Stadt wie München, wo BMW zu Hause ist, allein darauf zurückgeht, dass die Stadtregierung den fließenden Verkehr behindert, wo sie kann. Statt grüner Welle werden alle Ampeln so geschaltet, dass ein ständiges Anfahren und Stoppen notwendig ist.

Neben der aktuellen Dieseldiskussion trifft die gesamte Autoindustrie aber auch der Trend, in vielen entwickelten Städten vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel und Fahrräder zu wechseln. Durch die digitale Revolution ist es zudem möglich geworden, mit dem Mobiltelefon Taxidienste wie Uber oder Selbstfahr-Dienstleistungen wie Car2go bequem abzurufen. Das macht es mehr denn je möglich, in den großen Städten ohne ein eigenes Auto zu leben. Die überall verfügbaren Autos werden mit anderen geteilt, anstatt das eigene Auto den größten Teil des Tages ungenutzt irgendwo im Parkhaus stehen zu haben. So wird es in Zukunft weniger Fahrzeuge geben, aber diese werden mehr in Bewegung sein als heute. Das ist nicht das Ende des Autoverkehrs, aber keine günstige Botschaft für Daimler, BMW und andere Automobilfabriken. Deren großartiges Know-how zielte bisher darauf ab, Autos zu bauen, die Menschen allein besitzen wollen. Zur künftigen Mobilität in den großen Städten aber wird eher das Smartphone gehören als der ungeteilte Besitz eines Autos.

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VON DIRK IPPEN

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