Die ersten Funde von Rohrbomben an prominente Liberale und Kritiker von Donald Trump waren erst wenige Stunden alt, die Hintergründe vollkommen unklar – da lief in den Weiten des Internets schon eine hitzige Feldschlacht: Trump-Kritiker machen den Präsidenten und seine steile Rhetorik verantwortlich. Konservative feuerten mit absurdesten Verschwörungstheorien zurück. Tenor: Die Demokraten hätten sich die Bomben quasi selbst geschickt, nur um den Republikanern bei den anstehenden Midterm-Wahlen zu schaden.
Schon lange blickt das Ausland mit Staunen auf die wachsenden Gräben in den USA. Inzwischen scheint das Reizklima aber so groß, dass beide Seiten der anderen jede Schandtat zutrauen. Trump selbst hat daran entscheidenden Anteil – beispielsweise, als er sich nicht von gewaltsamen rechtsradikalen Umtrieben in Charlottesville distanzieren wollte. Für die Paketbomben macht er nun die Medien verantwortlich. Statt als Mahnung zu dienen, dürfte der Fall die Stimmung weiter aufheizen.
Für Deutschland, das sich oft an den USA orientiert, sollte diese Entwicklung eine Warnung sein. Noch mag ein Typ Trump als Kanzler undenkbar erscheinen. Aber auch hier verschärfen radikale Kräfte – vor allem von rechts, aber auch von links – ihre Rhetorik. Und je heftiger die Debatten verlaufen, desto eher mögen sich irrlichternde Individuen zur Selbstjustiz legitimiert fühlen.
Mike.Schier@ovb.net