Wiesbaden – Rhetorisch geschliffen, mit Argumenten untermauert und oft mit Wortwitz garniert: Wenn Tarek Al-Wazir im hessischen Landtag redet, ist ihm zwar nicht die Zustimmung aller Abgeordneten gewiss. Aber deren Aufmerksamkeit schon. Er gehört mit Abstand zu den besten Rednern im Parlament. Fast immer im Angriffsmodus tritt er seinen politischen Gegnern entgegen.
Der Grünen-Spitzenkandidat weiß viel, auch viele Details – und zelebriert das auch gerne bei öffentlichen Auftritten. Was seine politischen Freunde beklatschen und ihn nach Umfragen zum beliebtesten Politiker in Hessen macht, kritisieren Kontrahenten gerne auch als Unfehlbarkeitsanspruch oder arrogantes Belehren.
Der Mann mit der runden Brille und dem inzwischen ergrauten Bürstenhaarschnitt ist gerne Wirtschafts- und Verkehrsminister, daraus macht der 47-Jährige keinen Hehl. Bewusste Provokationen vom möglichen künftigen Koalitionspartner FDP in einem Dreierbündnis, das Wirtschaftsministerium „gehöre“ praktisch den Liberalen, kann der Realo deshalb auch niemals unkommentiert lassen.
Al-Wazir ist Sohn eines jemenitischen Ex-Diplomaten und einer friedensbewegten Offenbacher Lehrerin, die ihren Sohn auch schon in jungen Jahren zu den Demonstrationen gegen den Bau der Startbahn West am Frankfurter Flughafen mitnahm. Mit 14 Jahren zog er für zwei Jahre zu seinem Vater in die jemenitische Hauptstadt Sanaa und besuchte dort eine internationale Schule. Dort lernte er auch seine spätere Frau kennen. Das Paar hat zwei Söhne.
Der stellvertretende Ministerpräsident ist bekennender Offenbacher und überzeugter Hesse. Obwohl ihm viele auch den Sprung nach Berlin zutrauen, kokettiert Al-Wazir öffentlich nicht mit dem Wechsel auf das Bundesparkett. Mit Regierungschef Volker Bouffier (CDU) ist er per Du. Trotz ihres fast gegensätzlichen Wesens und Auftretens verstehen sich die beiden Spitzenpolitiker gut und halten das schwarz-grüne Bündnis zusammen.
Al-Wazir ist früh politisch durchgestartet, er wurde schon mit 29 Jahren Fraktionschef im hessischen Landtag. In der Folgezeit baute er das politische Programm der Hessen-Grünen konsequent aus. Dass er inzwischen Minister ist, passt zu seinem Namen: Al-Wazir heißt auf Deutsch „der Minister“.
Nur: Ob er es auch bleibt, ist ungewiss. Die letzte Umfrage vor dem Wahlsonntag sieht die CDU bei 28, die Grünen und die SPD bei je 20 Prozent, die AfD bei 12, FDP und Linke bei 8 Prozent. Damit könnte knapp eine Fortsetzung von Schwarz-Grün möglich sein, aber auch eine Koalition aus CDU und SPD. Ebenso ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP oder eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP, vielleicht sogar unter grüner Führung.
Bundespolitiker von SPD und Linkspartei haben kurz vor der Landtagswahl sogar für ein rot-rot-grünes Linksbündnis in Hessen geworben. Die FDP präferiert ein Jamaika-Bündnis. Al-Wazir vermeidet Koalitionsaussagen: Sein Ziel sei von Anfang an gewesen, „die Grünen so stark zu machen, dass an uns keiner vorbeikommt“. (mit afp)