Berlin – Tobias Hans gehört zu den Nachwuchstalenten der CDU. Der 40-Jährige ist erst seit März Ministerpräsident des Saarlandes, mischt aber schon kräftig auf der Bundesbühne mit. So forderte er am Montag, kurz nach der Ankündigung von Angela Merkel, nicht wieder als Parteichefin zu kandidieren, dass auch CSU-Chef Horst Seehofer abtreten solle.
Droht der CDU jetzt ein Personalhickhack?
Nein. Wenn überhaupt, wird es eher ein Wettbewerb von Ideen sein. Vor Kurzem noch hat man der Union vorgeworfen, dass sie personell nicht für die Zeit nach Merkel gerüstet sei, von der man immer wusste, dass sie irgendwann kommen musste. Jetzt zeigt sich, dass es mehrere sehr respektable Bewerber gibt. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können.
Versteckt sich dahinter ein Richtungsstreit? Merkelianer gegen Merzianer?
Jeder Bewerber verkörpert immer auch eine bestimmte Richtung. Wenn wir Volkspartei sein und bleiben wollen, sind wir gut beraten, einen Vorsitzenden oder eine Vorsitzende zu wählen, die in der Mitte der Gesellschaft steht und alle unsere Wurzeln leben lässt. Dazu zählt das Konservative, das Liberale und das Soziale.
Haben Sie ein Präferenz?
Es wird nicht verwundern, dass ich mich für meine Amtsvorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer ausspreche…
Bloß weil sie auch Saarländerin ist?
Nein, sondern weil sie als Generalsekretärin gezeigt hat, dass sie bereit ist, ihre eigene Person hinter die Sache zu stellen. Sie hat ein Staatsamt verlassen, um der Partei zu helfen, und hat schon wichtige Beiträge zur inhaltlichen Erneuerung geleistet. Dafür steht sie.
Aber sie ist Ziehkind von Angela Merkel.
Richtig ist, dass sich Annegret Kramp-Karrenbauer gut mit Angela Merkel versteht. Ein guter Draht der neuen Parteivorsitzenden mit der Kanzlerin kann wahrlich nicht schädlich sein.
Ist der nächste Parteichef automatisch der nächste Kanzlerkandidat?
Es geht jetzt vordringlich darum, einen neuen Parteivorsitzenden zu wählen. Es ist für uns ein Novum, dass der Kanzler nicht mehr gleichzeitig Parteichef ist. Dieses Experiment sehe ich auch als Chance, die Partei wieder stärker zu betonen und daran zu arbeiten, dass wir Volkspartei bleiben. Wir müssen wendig bleiben, dürfen dem Zeitgeist aber auch nicht hinterherlaufen, sondern müssen ihn mit bestimmen. Ich sehe uns gut aufgestellt, wenn wir es schaffen, in einer Zeit des Umbruchs vernünftig miteinander umzugehen und überzeugende Antworten auf Fragen zu geben, die die Menschen bewegen.
Die Jungen in der CDU sind in der Spitze bisher wenig vertreten. Muss es da unterhalb des Vorsitzenden Veränderungen geben?
Mindestens im Präsidium sollten wir dafür sorgen, dass mehr junge Köpfe vorkommen. Ich denke etwa an Michael Kretschmer, den sächsischen Ministerpräsidenten, oder Mike Mohring, der die Chance hat, Ministerpräsident in Thüringen zu werden. Zudem halte ich es für wichtig, dass wir sichtbar Frauen in Führungspositionen der Partei haben. Reine Männerriegen, wie wir sie zum Beispiel an der Spitze des Bundesinnenministeriums haben, sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Dass die Grünen so stark abgeschnitten haben, liegt auch daran, dass sie bei der Repräsentanz von Frauen besser aufgestellt sind als die CDU.
Sollte die Union diese Zäsur nutzen, um mehr Mitbestimmung der Basis einzuführen, etwa eine Urwahl von Vorsitzendem und Kanzlerkandidaten?
Wir sind mit dem Delegiertenprinzip gut aufgestellt. Es muss aber aufhören, dass wir Parteitage abhalten, wo alle Delegierten mit geballter Faust in der Tasche sitzen. Wir müssen auf unseren Parteitagen wieder kontroverser und lebhafter diskutieren, statt einfach nur abzunicken. Wir müssen der Basis einfach mehr zuhören. Was Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrer „Zuhör“-Tour begonnen hat, das muss neuer Stil der CDU werden.
Interview: Werner Kolhoff und Stefan Vetter