GEORG ANASTASIADIS
Da hat Angela Merkel was angezettelt mit ihrem Rückzug, der eigentlich nur dem Ziel dient, dass sie noch eine Weile bleiben darf: Die Börse feiert. Die CDU blüht auf. Die AfD grämt sich. Und Horst Ich-trete-nicht-zurück-Seehofer schaut dumm aus der Wäsche.
Die Kanzlerin mag mit der CSU fremdeln. Aber so gut kennt sie sie doch, um zu wissen, dass ihr eigener Rücktritt auch der Preis war, den manche in Bayern für Seehofers Sturz verlangten. Sollte umgekehrt Seehofer geglaubt haben, dass er die Natascha Kohnen der CSU geben und nach dem Wahldebakel einfach weitermachen könne, kennt er die Partei schlecht, die er zehn Jahre lang geführt hat. Merkels Abgang besiegelt auch sein Ende.
Während in der CDU ein ganzes Quartett um Merkels Nachfolge rangelt, hat die CSU einen klaren Favoriten: Markus Söder wird nach dem Ministerpräsidentenamt auch den von ihm wenig geliebten CSU-Vorsitz angetragen bekommen, und zwar auf dem Silbertablett. Zu geschwächt ist die Partei nach der Niederlage im Oktober, als dass sie sich künftig drei rivalisierende Machtzentren leisten könnte, mit einem Landesvater Söder in München, einem Parteichef Weber in Brüssel und einem Landesgruppenchef Dobrindt in Berlin. Dann wäre die CSU nicht mehr die von Strauß geschaffene „regionale Partei mit bundespolitischem Anspruch“, sondern eine regionale Partei mit regionalem Anspruch, in der Söder mit Aiwanger darum zu konkurrieren hätte, wer welches Leonhardifest besuchen und welches Gewerbegebiet eröffnen darf.
Will die CSU bei der Gestaltung der Nach-Merkel-Ära und der sich (schon 2019?) anbahnenden Jamaika-Koalition im Bund ein Wörtchen mitreden, muss sie ihre Spitzenämter in einer Hand bündeln. Nur so kommt sie auf Augenhöhe mit Lindners FDP und Habecks Grünen. Der CSU bleibt keine Wahl, als alles auf die Karte Söder zu setzen. Der scheute lange das Berliner Haifischbecken. Nach Merkels Rückzug muss er springen, und sei es nur für Wochenendausflüge in die Bundeshauptstadt.
Georg.Anastasiadis@ovb.net