Die Beinahe-Koalition drückt aufs Tempo

von Redaktion

Schon am Dienstag wollen CSU und Freie Wähler den Ministerpräsidenten wählen

München – Eigentlich steht im Nationaltheater alles bereit für einen höchst ehrwürdigen Staatsakt: Orchester, Fahnen, Festreden, Live-Übertragung im Fernsehen. 100 Jahre Freistaat Bayern sind am 7. November, 10.30 Uhr, zu feiern. Es fehlt in der kunstvollen Planung nur ein nicht ganz nebensächliches Detail: ein Ministerpräsident. Ausgerechnet am Tag der großen Bayern-Feier hat der Freistaat formal zwar schon seinen neu gewählten Landtag, aber noch keinen neu gewählten Regierungschef.

Kann sein? Soll nicht sein. Markus Söder mag in den Festakt nicht als Gerade-noch-, sondern als frisch gewählter Ministerpräsident gehen. Er drückt in der bisherigen Terminplanung deshalb aufs Tempo. Am Montag, 5. November, wird sich der neue Landtag konstituieren. Statt wie geplant bedächtig eine Woche mit der Ministerpräsidenten-Wahl zu warten, wird die nächste Sitzung bereits für Dienstag, 6. November, angesetzt: Da soll Söder mit den 112 Stimmen von CSU und Freien Wählern bestätigt werden.

Das geht, weil die Koalitionsverhandlungen zügig laufen. An diesem Wochenende schon soll das Bündnis besiegelt werden. Für den heutigen Freitag sind Schlussverhandlungen in großer Runde geplant. Am Sonntagnachmittag sollen die Parteigremien zustimmen, am Montagvormittag soll der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden.

Die sich abzeichnenden Inhalte des Koalitionsvertrags sind bisher strikt vertraulich. Andeutungen der Unterhändler ist zu entnehmen, dass alle großen Dissenspunkte auf einen Kompromiss zulaufen: etwa die FW-Wünsche nach kostenloser Kinderbetreuung und einem mindestens fünfjährigen Moratorium beim Startbahn-Bau, aber auch das CSU-Ziel, in der Inneren Sicherheit und in der Familienpolitik keine Maßnahme zurücknehmen zu müssen.

Die Ressortverteilung soll erst auf den letzten Metern zwischen Söder und FW-Chef Hubert Aiwanger besprochen werden. Bisher wird in CSU-Kreisen vermutet, dass ein großes Bau/Verkehr/Heimatministerium für Aiwanger geräumt wird, dazu gehen Wissenschaft und vielleicht Justiz an den Koalitionspartner, auch über Wirtschaft wurde bereits gemutmaßt. Vereidigt werden sollen die neuen Minister und Staatssekretäre in der Woche ab 12. November.

Das Eiltempo der Koalition passt sehr gut in den CSU-Terminplan. Am 7. und 8. November soll Parteivize Manfred Weber in Helsinki zum Spitzenkandidaten der Konservativen in Europa ausgerufen werden, Parteichef Horst Seehofer reist dort hin. Sobald das erledigt ist, will die CSU-Spitze in die inhaltliche und personelle Aufarbeitung der Landtagswahl einsteigen. Das könnte rund um das Wochenende 10./11. November in eine Rücktrittsankündigung Seehofers münden. Er kann aber, so berichten es CSU-Politiker in München und Berlin, Bundesinnenminister bleiben, solange die Regierung Merkel in Berlin noch fortbesteht.

Die Wahlparteitage von CDU und CSU sind dann voraussichtlich Anfang Dezember dicht hintereinander in Hamburg und München.  cd

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