Merz und die Macht von Blackrock

von Redaktion

Blackrock ist der größte Vermögensverwalter der Welt. Friedrich Merz, Aufsichtsratschef in Deutschland, greift nach dem CDU-Vorsitz und damit möglicherweise nach der Kanzlerschaft. Er selbst sieht keinen Interessenskonflikt, manche Kritiker schon.

VON ROLF OBERTREIS

Frankfurt – Martin Lück ist in Frankfurt ein gefragter Gesprächspartner, wenn es um die Lage an den Finanzmärkten geht. Kein Wunder: Er ist Chefanlagestratege von Blackrock für Deutschland, die Schweiz und Österreich. Er kennt sich aus, schließlich arbeitet er für den weltgrößten Vermögensverwalter. Und der mischt bei allen 30 börsennotierten Unternehmen mit, deren Aktien im Deutschen Aktienindex Dax gelistet sind.

Und das mit teilweise gewichtigen Anteilen: Sieben Prozent sind es bei Bayer, 5,8 Prozent bei Siemens, womit Blackrock dort jeweils größter Einzelaktionär ist. Bei SAP kommt der US-Konzern auf 5,9 Prozent, bei der Deutschen Bank und Daimler auf fünf. Insgesamt dürfte Blackrock mit einem hohen zweistelligen Milliardenbetrag bei deutschen Unternehmen engagiert sein. Das sichert Einfluss – auch Friedrich Merz, der seit 2016 den Aufsichtsrat der deutschen Sparte von Blackrock leitet.

Klar, dass Merz als CDU-Vorsitzender diesen Posten nicht behalten könnte. Für Blackrock dürfte ein Strippenzieher von seinem Format schwer zu ersetzen sein. Auch wenn Vertreter des Unternehmens sich immer wieder Mühe geben, den Einfluss von Blackrock herunterzuspielen. Man agiere als Fondsgesellschaft ja nur für seine Kunden, fungiere als Treuhänder und lege kein eigenes Geld an.

Formal mag das so sein: Versicherungen, Pensionskassen, Unternehmen, Staatsfonds, Banken, auch Kirchen vertrauen auf die Dienste von Blackrock. Der größte Teil des Geldes diene der Altersvorsorge, heißt es. Deutschland sei ein extrem wichtiger Markt, der von rund 150 Beschäftigten in den Büros in Frankfurt und München betreut wird.

Die gigantische Summe von 6,4 Billionen Dollar verwalten die Amerikaner weltweit für Kunden aus rund 100 Ländern. Dazu gehören auch Privatanleger. Die haben ihr Geld in sogenannten ETFs – das sind passiv gehandelte kostengünstige Fonds – der Tochtergesellschaft iShares angelegt. Diese Fonds setzen etwa auf die Entwicklung des Dax oder des Weltaktienindex MSCI. Damit ist Blackrock weltweit indirekt an Tausenden von Unternehmen beteiligt. Das Geschäft lohnt sich. Allein im dritten Quartal hat Blackrock, deren Aktien selbst an der Börse notiert sind, 1,4 Milliarden Dollar verdient.

Bei Blackrock bestreitet man den erheblichen Einfluss nicht. Aber man agiere nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Kunden, die für die Geldanlage klare Vorgaben machten. „Wir machen das aktiv, aber nicht aktivistisch“, sagt ein Blackrock-Manager. Vertreter des Vermögensverwalters sprechen nicht auf Hauptversammlungen, sie sitzen nicht in Aufsichtsräten. Sie machen ihre Positionen in direkten Gesprächen mit Vorstand und Aufsichtsrat der Unternehmen deutlich. Viele Firmen in Deutschland seien gut geführt, sagt Blackrock-Chef Larry Fink. Bei anderen müsse man klarer auf die Bedeutung einer langfristigen Strategie hinweisen. Generell, heißt es in Frankfurt, gehe es um langfristiges Denken und nicht um kurzfristige Konzepte. Insofern, heißt es bei Blackrock, nehme man Einfluss, „aber mehr im Hintergrund“.

Auch auf einem anderen Feld spielt Blackrock mit – bei Beratungsmandaten für die Europäische Zentralbank (EZB) etwa während der Griechenland-Krise 2012. Auch bei der Durchführung des jüngsten Stresstests der Bankenaufseher in Europa ist Blackrock beteiligt. Das Mandat habe eine Sparte des Vermögensverwalters im Rahmen einer normalen Ausschreibung erhalten, heißt es in Notenbankkreisen.

Dadurch ist Blackrock etwa an der Prüfung der Deutschen Bank beteiligt, bei der der Vermögensverwalter zu den größten Aktionären gehört. Kritiker halten Blackrock zudem vor, den Wettbewerb zu torpedieren, die Altersvorsorge bewusst zum eigenen Vorteil zu privatisieren, eng mit Behörden zusammenzuarbeiten und damit auch Einfluss auf die Finanzbranche zu nehmen.

Merz selbst weist Kritik an Blackrock zurück. Das Unternehmen sei keine Private Equity Firma und damit keine Heuschrecke – diese kaufen oft angeschlagene Firmen, sanieren, streichen massiv Arbeitsplätze und verkaufen mit hohem Gewinn weiter –, sondern ein treuhänderischer Vermögensverwalter.

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