Berlin – Am Ende wird es wohl eine Rede im „Berner Club“ gewesen sein, die die Karriere von Hans-Georg Maaßen beendet. Am 18. Oktober hält der umstrittene Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) in Warschau im Kreis von Kollegen der EU-Inlandsgeheimdienste plus Norwegen und der Schweiz eine Abschiedsrede. Der Club ist so geheim, dass er offiziell gar nicht existiert. Von der Rede Maaßens kann das nicht gesagt werden.
Die Zeilen des 55-Jährigen haben es in sich. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur spricht er von linksradikalen Kräften in der SPD, die von vornherein gegen die große Koalition eingestellt gewesen seien. Seine Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz seien fürsie willkommener Anlass gewesen, einen Koalitionsbruch zu provozieren. Er sei als Kritiker einer naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik bekannt, wird Maaßen zitiert. Deshalb sei er aus dem Amt gedrängt worden.
Seit dem 24. Oktober soll die Rede unter der Rubrik „Die Amtsleitung informiert“ im geschützten Bereich des BfV-Intranets für alle Mitarbeiter zu lesen gewesen sein. Aus dem Geheimdienst heraus soll ihr Inhalt nach außen kolportiert worden sein.
Es dauert nicht lange, bis auch Maaßens Dienstherr, Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer, sowie für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständige Bundestagsabgeordnete von der Sache Wind bekommen. Seit Ende vergangener Woche sei die Sache intern ein Thema. Die Grünen haben eine Sondersitzung des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste für Mittwoch beantragt, die FDP hat sich dem angeschlossen.
Am 23. September hatten sich die Koalitionsspitzen nach tagelangem Streit darauf geeinigt, dass Maaßen ins Innenministerium versetzt wird, um dort Sonderberater im Rang eines Abteilungsleiters zu werden. Die ursprünglich geplante Beförderung zum Innenstaatssekretär mit höheren Bezügen war damit vom Tisch – und damit auch ein drohender Bruch der Koalition.
Am Sonntag hieß es dann zunächst aus Sicherheitskreisen, das Innenministerium bereite Maaßens Entlassung vor – was ein sehr scharfes Schwert mit erheblichen Einschnitten in die Versorgungsbezüge wäre. Grund: Das Vertrauensverhältnis sei nun endgültig gestört.
Am Anfang allen Ärgers stand ein Interview, in dem Maaßen sich dagegen verwahrte, die in einem Video zu sehenden Vorgänge in Chemnitz als „Hetzjagd“ zu bezeichnen. Vielmehr sprächen „gute Gründe“ dafür, dass es sich „um eine gezielte Falschinformation handelt“, um die Öffentlichkeit vom Mord an einem 35-jährigen Deutschen abzulenken.
Am Sonntagabend hieß es dann, noch sei nicht klar, ob Maaßen entlassen oder von Seehofer in den einstweiligen Ruhestand versetzt werde. Der Minister wollte sich nicht äußern. Aus den Reihen des Bundestags bekommt man aber eine klare Einschätzung zu hören: Politisch sei Maaßen nicht mehr zu halten. Sollten die Warschauer Äußerungen zutreffen, gingen sie weit über das hinaus, was sich ein Verfassungsschutzpräsident leisten dürfe. Der Mann mache ja „Politik pur“. JÖRG BLANK