Trump jubelt – Sessions geht

von Redaktion

Es ist nicht der ganz große Sieg für die US-Demokraten, aber immerhin haben sie bei den „Midterms“ das Repräsentantenhaus zurückerobert. Die nächsten zwei Jahre könnten für Donald Trump ungemütlich werden. Doch der sieht sich weiter auf Erfolgskurs.

VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

Washington – Auch Barack Obama stand mal da, wo Donald Trum jetzt steht. Bei den Kongresswahlen 2010 verloren seine Demokraten 63 Sitze im Repräsentantenhaus, der damalige US-Präsident redete nichts schön. Das sei eine „Abreibung“, sagte Obama. Was Trump am Dienstag verkündet, könnte unterschiedlicher nicht sein.

„Enormer Erfolg heute Abend. Danke an euch alle!“, schrieb der Präsident bei Twitter. Und das, obwohl seine Republikaner mindestens 28 Sitze im Repräsentantenhaus und damit auch die Mehrheit verlieren. Nun gut, im Senat hat Trumps Partei weiter das Sagen.

Die politische Ordnung in Washington hat sich durch die Kongresswahlen dramatisch verändert. Der Präsident muss nun mit einer Opposition leben, die ihn bei der Gesetzgebung kontrollieren und ihm auch mit neuen Untersuchungsausschüssen sehr lästig werden kann. Selbst ein Amtsenthebungsverfahren ist denkbar.

Womöglich lag es auch an diesen für Trump unerfreulichen Aussichten, dass er am Dienstagabend die neue Mehrheitssprecherin im Repräsentantenhaus, Nany Pelosi, anrief und ihr eine überparteilicher Zusammenarbeit anbot. Das Telefonat wirkte wie ein kurz ausgestreckter Ölzweig. Denn gestern zeichneten Trumps Aussagen in einer 90-minütigen Pressekonferenz mit Attacken auf die „feindlichen Medien“ ein anderes Bild.

Sollten die Demokraten Untersuchungsausschüsse einsetzen, erwägt Trump ähnliche Gremien des Senats, die sich auf mögliche Verfehlungen der Demokraten wie gezielte Indiskretionen ausrichten sollen. Und er drohte mit Eskalation: Es werde dann keine „Deals“ mehr mit den Demokraten und einen Regierungs-Stillstand geben.

Das spricht für Konfrontation statt Annäherung in einem politisch gespaltenen Land, dessen Wahlergebnisse einen klaren Trend zeigen: Mehr als die Hälfte aller Wähler waren Frauen, die mit 59 Prozent für die Demokraten stimmten. Die Republikaner konnten in ländlichen Regionen und bei älteren Weißen punkten – Latinos und Afro-Amerikaner wählten mit großer Mehrheit Kandidaten aus dem liberalen Lager.

Vor allem für die Frauen war es eine historische Wahl. Mindestens 95 Kandidatinnen haben einen Sitz im Repräsentantenhaus gewonnen (Stand bei Redaktionsschluss); womöglich werden es am Ende mehr als 100 – so viele wie noch nie. Es sind zum Großteil Demokratinnen, darunter erstmals zwei Musliminen, zwei Ureinwohnerinnen und die bisher jüngste Frau im Kongress: die 29-jährige Alexandria Ocasio-Cortez aus New York.

Für die Konservativen ist vor allem eine Entwicklung gefährlich: Die Vororte von Metropolen, eigentlich seit langem Republikaner-Hochburgen, wenden sich immer stärker den Demokraten zu. Das gilt auch für „rote“ Südstaaten wie Texas, wo der Republikaner Ted Cruz nur knapp seinen Senatssitz gegen Beto O‘Rourke verteidigen konnte, der als demokratischer Hoffnungsträger gilt.

Die Demokratin Pelosi machte schnell klar, das ihre Partei nun ein Gegengewicht zur bisher „unkontrollierten Regierung Trump“ bilden werde. Nun breche für Amerika „ein neuer Tag“ an. Pelosis Parteifreund Elijah Cummings sagte, dass kein Bereich für Untersuchungen der Demokraten tabu sein wird. Damit drohen den USA auch Grabenkämpfe, die im Zweifelsfall vor dem Supreme Court enden könnten.

Genau wie der Streit um die Steuererklärungen, die der Präsident geheim hält. Kritiker Trumps erhoffen sich darin Hinweise auf anrüchige Geschäfte mit Russland. Die Demokraten dürften auch die Untersuchung zu möglichen Wahlabsprachen des Trump-Teams mit Moskau wiederbeleben. Auch der Abschlussbericht des Sonderermittlers Robert Mueller soll bald vorliegen. Je nach Brisanz könnte Trump ein Amtsenthebungsverfahren drohen.

Womöglich ist der nicht ganz freiwillige Rücktritt von Justizminister Jeff Sessions ein Versuch des Präsidenten, sich in Sachen Russland ein wenig freizuschlagen. Er trete auf Wunsch des Präsidenten zurück, schrieb Sessions gestern. Er hatte sich aus den Mueller-Ermittlungen weitgehend rausgehalten – und war deshalb bei Trump in Ungnade gefallen. Das Amt soll nun erst mal Stabschef Matthew G. Whitaker übernehmen.

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