München – Der Herr Kandidat nimmt drei Schritte Anlauf, lässt den Oberkörper nach vorn schnalzen und spuckt. Ein fröhliches „fffffffp“, dann ein konzentrierter Blick dem nassen Flugobjekt hinterher, könnten vier Meter sein. Nicht schlecht beim Kirschkern-Weitspucken. Ist eher nichts fürs Staatsbankett, aber im Landtagswahlkampf 2013 war der Auftritt einer der kuriosen Höhepunkte. Es dürfe auch mal „mit a bissla Gelassenheit und Spaß“ zugehen, fränkelt Thorsten Glauber, das schmale weiße Hemd hängt aus seiner Hose.
Nein, kein Hallodri. Für einen Abgeordneten, der eines der größten Süßkirschen-Anbaugebiete vertritt, ist der spaßige Kern-Sport in Ordnung. Es sagt ein bisschen was aus über den 47-Jährigen aus Forchheim, der voraussichtlich am Montag als Bayerns Umweltminister vereidigt wird. Eher unkonventionell ist er, pragmatisch.
Das Rampenlicht der Landespolitik ist neu für den Freien Wähler. Er war zwar nie Hinterbänkler, im Fokus der Medien stand aber stets Multi-Chef Hubert Aiwanger. Glauber, als Architekt (auf dem zweiten Bildungsweg) einer der wenigen Freiberufler im Parlament, werkelte zehn Jahre im Wirtschafts- und im Haushaltsausschuss. In der heterogenen Fraktion zählte er nie zum engen Aiwanger-Fanclub, äußerte intern unverblümt Kritik und machte sich leise Gedanken über eine breitere Aufstellung. Nach außen blieb er aber stets loyal. „Anders als Aiwanger ist er keiner, der politischen Stimmungen nachläuft, sondern für seine Positionen einsteht“, sagt Erwin Huber (CSU), der als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses lange mit Glauber arbeitete.
Überregional aufgefallen ist der Franke heuer schon kurz vor der Wahl. Prognosen sagten ihm voraus, seinen Stimmkreis direkt zu gewinnen – eine Sensation, unerreichbar selbst für Aiwanger. Das war zwar übertrieben, mit 26,4 Prozent holte Glauber aber das beste FW-Ergebnis in ganz Bayern. Vielleicht auch eine Familiensache: Lange war er in den Fußstapfen des Vaters unterwegs. Auch Reinhardt Glauber war Architekt, auch er Freier Wähler. 18 Jahre lang führte er als Landrat den Landkreis Forchheim – die letzte Wiederwahl mit fast 60 Prozent der Stimmen. Glauber jun. trat schon 1993 den Freien Wählern bei (der Landtag war für die kommunal ausgerichtete Gruppierung damit noch in sehr weiter Ferne), wurde Gemeinderat, Vize-Bürgermeister.
Nach der Wahl holte ihn Aiwanger ins engste Verhandlungsteam für die Koalition. Für Wirtschaft oder Bau, zumindest Staatssekretär, wurde Glauber früh von Medien gehandelt. Dass es jetzt Umwelt wird, überrascht – trotz der Kirschen nicht sein Kernthema. Allenfalls über Energie und Windkraft, den Kampf gegen die Abstandsregeln, gab es Überschneidungen. Bei den Umweltverbänden heißt es achselzuckend, als Umweltpolitiker sei Glauber nicht aufgefallen. Das war allerdings auch bei Ulrike Scharf so, am Ende kam man mit der CSU-Ministerin (2014-18) bestens zurecht.
Sollte das mit den Kernen für einen Staatsminister nicht mehr schicklich sein, beherrscht Glauber übrigens weitere Sportarten. Er ist Stürmer im Landtags-Fußballteam. Und Marathonläufer, mit ziemlich starken 3:30 Stunden Bestzeit. cd/mik