„Wir brauchen massive Unterstützung“

von Redaktion

BRK und Pflege-Arbeitgeber hoffen auf Fachkräfte-Plan – Ministerium will erst mal abwarten

München – Ministerpräsident Markus Söder hat den Bayern eine Pflegeplatzgarantie versprochen. Binnen fünf Jahren soll jeder einen Rechtsanspruch bekommen, der mindestens Pflegegrad 2 hat. Das beschloss das Kabinett schon vor der Wahl. Und auch im Koalitionsvertrag zwischen Söders CSU und den Freien Wählern steht die „heimatnahe Pflegegarantie“ drin.

Nur: Eine solche Pflegeplatzgarantie könne man schwer geben, wenn man nicht genug Fachkräfte hat, die die Menschen pflegen können, sagt Joachim Görtz, Bayern-Vertreter des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Schon jetzt gebe es im Freistaat Versorgungsengpässe, klagt der bpa, der deutschlandweit mehr als 10 000 aktive Mitgliedseinrichtungen vertritt – 1300 davon in Bayern.

Tausendfach müsse die Versorgung Pflegebedürftiger abgelehnt werden, weil es am Personal fehlt. Eine Umfrage unter 300 Anbietern im Freistaat habe ergeben, dass im Schnitt pro Pflegeheim 2,38 Vollzeitstellen nicht besetzt werden können. „Die bayerische Staatsregierung muss mithelfen, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen“, sagt Görtz deshalb.

Und tatsächlich haben CSU und Freie Wähler angekündigt, tätig zu werden: Im Koalitionsvertrag versprechen sie ein Programm, um Pflegefachkräfte auf dem heimischen Arbeitsmarkt und aus dem Ausland anzuwerben. Auch staatliche Wohnangebote und Unterstützung beim Spracherwerb stellt die Koalition in Aussicht.

Eine Ankündigung, in die auch das Bayerische Rote Kreuz (BRK) hohe Erwartungen setzt. Doch bei reinen Absichtserklärungen dürfe es nun nicht bleiben. „Das muss deutlich konkreter und mit Programmen und Ressourcen hinterlegt werden“, sagt der stellvertretende Landesgeschäftsführer Wolfgang Obermair. Bayern sei schließlich ein Flächenland mit vielen Einrichtungen. Schon jetzt müssten alleine beim BRK rund 150 Vollzeitstellen im ambulanten und stationären Bereich mangels Personal unbesetzt bleiben. Noch ganz ohne Pflegeplatzgarantie.

Der Freistaat werde also einen erheblichen Zuwachs an Pflegefachkräften benötigen. Dazu „brauchen wir auch auf bayerischer Ebene massive staatliche Unterstützung“, sagt Obermair. „Natürlich müssen wir zuerst alles unternehmen, um national Personal zu finden“, räumt er ein. Doch das reiche nicht aus, um den Bedarf zu decken. In Ländern wie Mazedonien, Vietnam oder auf den Philippinen werbe das BRK deshalb bereits Fachkräfte an. Gerade auf der Verwaltungsebene könne der Freistaat dabei helfen. Denn derzeit dauere es teils bis zu zwei Jahren, bis eine angeworbene Pflegekraft wirklich eingesetzt werden kann.

Auch bpa-Landesgeschäftsführer Görtz sieht die Hauptaufgabe der Politik darin, die Abläufe zu beschleunigen. „Der kleine Pflegedienst kann dazu nicht auf die Philippinen fahren und verhandeln“, sagt Görtz. „Aber Bayern könnte in solchen Ländern eine Niederlassung errichten.“

Auf Anfrage unserer Zeitung will Pflegeministerin Melanie Huml (CSU) nicht darüber sprechen, was die Staatsregierung nun konkret vorhat, um Pflegekräfte zu gewinnen. Bis jetzt gebe es dazu wenige Details, heißt es aus dem Ministerium. Zudem wolle man erst einmal abwarten, was sich in Berlin tut. Dort haben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) eine „Konzertierte Aktion Pflege“ angestoßen. Erste Ergebnisse werden im Laufe des Jahres 2019 erwartet.

SEBASTIAN HORSCH

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