Berlin – Nicht nur in der SPD wird über die Zukunft von Hartz IV diskutiert. Auch aus anderen Bundestagsparteien kommen Vorschläge für eine Reform der staatlichen Grundsicherung. Insbesondere die Grünen sind damit jetzt weit vorgeprescht. Eine Übersicht über den aktuellen Diskussionsstand.
Grüne: Parteichef Robert Habeck macht sich für eine Totalrevision der vor 15 Jahren auch von den Grünen mitbeschlossenen Grundsicherung stark. Sie beruht bekanntlich auf dem Prinzip des Förderns und Forderns – wer zumutbare Arbeit ablehnt oder nicht mit dem Jobcenter bei der Arbeitssuche kooperiert, kann den Anspruch auf Leistungen vorübergehend verlieren. Habeck will dieses Prinzip komplett streichen und durch eine „Garantiesicherung“ ohne Strafen ersetzen. „Die Menschen sollen nicht gezwungen werden, Termine mit dem Jobcenter zu machen oder Arbeit zu suchen“, heißt es in seinem Konzept, mit dem die Grünen offenkundig auf SPD-Wähler schielen.
SPD: Parteichefin Andrea Nahles plädiert ebenfalls dafür, Hartz IV „hinter uns (zu) lassen“. Anders als bei Habeck bleibt aber unklar, welche Alternativen sie konkret anpeilt, oder, was Nahles zum Beispiel mit der Bemerkung meint, das Existenzminimum dürfe nie infrage gestellt werden. Eine Möglichkeit wäre die Abschaffung der besonderen Sanktionen für Jugendliche. Nach geltendem Recht können deren Hartz-IV-Sätze im Falle von Verstößen gegen die Auflagen der Jobcenter stärker gekürzt werden als bei älteren Langzeitarbeitslosen. Möglich wäre aber auch eine Totalabkehr von allen Kürzungen nach dem Muster Habeck. Ausgerechnet der linke SPD-Vize Ralf Stegner hat jedoch erklärt: „Jeder, der arbeiten kann, der muss auch arbeiten“. Daher sei eine „Garantiesicherung“ falsch.
Linke: Bei der Linken rennen Grüne und SPD mit ihrer Debatte offene Türen ein. Die Partei plädiert schon seit Jahren für die Abschaffung von Hartz IV. Ersetzt werden soll das System durch eine „sanktionsfreie Mindestsicherung“ in Höhe von 1050 Euro netto im Monat. Wie die „Garantiesicherung“ bei den Grünen soll aber auch die „Mindestsicherung“ nur an Bedürftige gezahlt werden. Die Idee eines Grundeinkommens für alle ist auch bei der Linken umstritten.
Union: An Hartz IV selbst will hier niemand rütteln. „Wer Hartz IV abschaffen will, fördert Arbeitslosigkeit und legt die Axt an den jahrelangen Aufschwung am Arbeitsmarkt“, sagt CSU-General Markus Blume. „Es wird mit uns keine Abkehr vom Prinzip geben, dass sich Leistung lohnen muss.“ Das sieht selbst der Arbeitnehmerflügel der CDU ähnlich: „Es geht darum, dass wir die Menschen in Arbeit bringen“, meinte ihr Chef, Karl Josef Laumann. In der Union macht man sich aber über eine Reform der Zuverdienstregeln für Hartz-IV-Empfänger Gedanken. Derzeit werden kleine Nebenverdienste begünstigt, höhere Zusatzeinkünfte dagegen durch eine drastische Kürzung der Stütze geschmälert. Dadurch entfällt der Anreiz, in Vollzeitarbeit umzusteigen.
FDP: In die gleiche Richtung wollen auch die Liberalen. So fordert der Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel neben einer Verbesserung der Zuverdienstregeln auch eine Zusammenlegung unterschiedlicher Sozialleistungen wie etwa Sozialhilfe und Wohngeld. Punkte, die auch im Konzept von Grünen-Chef Habeck enthalten sind.
AfD: Bei der Partei rechts von Union und FDP spielt das Thema Hartz IV aktuell keine Rolle. Forderungen nach Änderungen gibt es nur in allgemeiner Form. So heißt es im Programm für die letzte Bundestagswahl, dass sich die AfD bei Menschen mit einer Vorbeschäftigung von mindestens zehn Jahren auch für „höhere“ Hartz-IV-Leistungen einsetzen wolle. Das sei ein „Gebot der Gerechtigkeit, um unterschiedliche Erwerbsbiografien bei Arbeitslosigkeit auch differenziert zu behandeln.“ bms/mik.