Es ist eine radikale Forderung: Wenn Sprachkritiker eine gendergerechte Sprache vorantreiben und diverse Möglichkeiten der mutmaßlichen Gleichstellung anbieten, wollen sie nicht weniger als eine Änderung des Denkens. Die Idee: Gerechtigkeit in der Sprache befördert Gerechtigkeit im Alltag.
Im Deutschen sind die meisten Personenbezeichnungen männlichen grammatikalischen Geschlechts. Ist von Ärzten die Rede, sind auch Frauen oder Transgender gemeint. Der Gedanke, durch Neutralisierung oder Sichtbarmachen der anderen Geschlechter Gerechtigkeit herbeizuführen, ist honorig. Und gleichermaßen falsch.
Sprache lässt sich ebenso schwer neue Regeln aufzwingen, wie man die Gedanken eines Menschen nicht unmittelbar verändern kann. Ein Sexist könnte von Professor*innen schreiben oder sprechen, aber gleichzeitig geringschätzig über Frauen oder Andersgeschlechtliche denken. Abgesehen davon, dass Sprache durch Striche und Sternchen hässlich und unlesbar wird, muss man sich fragen: Würden Frauen höher geachtet oder besser bezahlt, wenn die Sprache gendergerecht wäre? Fühlten sich andersgeschlechtliche Menschen im Alltag akzeptiert, wenn jede Personenbezeichnung alle Varianten abbilden würde? Wohl kaum. Ein respektvoller Umgang braucht Anstand, aber keine verunstaltete Sprache.
Kathrin.Brack@ovb.net