Magdeburg/Stuttgart – Er tut erst mal so, als sei nichts weiter passiert. Bei der Europawahlversammlung am Freitag in Magdeburg schimpft AfD-Chef Alexander Gauland gewohnt heftig auf die Kanzlerin und die EU. Der Applaus der 600 Delegierten ist höflich, mehr aber nicht.
Die Partei hat, gelinde gesagt, im Moment auch andere Sorgen. Da ist die Affäre um anonyme Großspenden aus dem Ausland, in der Fraktionschefin Alice Weidel unter Druck ist. Und da ist die Tatsache, dass sich der Verfassungsschutz nach den AfD-Nachwuchsverbänden in Bremen und Niedersachsen nun auch für einen weiteren Landesverband interessiert.
Kurz vor Beginn der Veranstaltung auf dem Magdeburger Messegelände bestätigt das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz, dass es bei der Jungen Alternative in Baden-Württemberg Bezüge zu Rechtsextremisten sieht, die „auf gemeinsame verfassungsfeindliche politische Ziele hindeuten“. Der JA-Landesvorsitzende Moritz Brodbeck kündigt daraufhin an, mit vier weiteren Vorstandsmitgliedern aus der JA auszutreten. Sie wollten nicht für die Verfehlungen anderer einstehen.
Alice Weidel dagegen bekommt am Freitag Rückendeckung vom Parteivorstand. In einer Erklärung heißt es, man sehe „keinerlei Verschulden bei Frau Dr. Alice Weidel“. Alle vorübergehend eingegangenen Zahlungen seien zurückgezahlt worden. Zu diesem Zeitpunkt ist schon eine persönliche Erklärung Weidels in der Welt, in der sie die Vorwürfe gegen sich zurückweist. Die Anschuldigungen seien ihr nur aus den Medien bekannt. Sie werde an der Aufklärung mitwirken.
Weidels Kreisverband am Bodensee hatte 2017 aus der Schweiz 130 000 Euro erhalten, gestückelt und mit dem Verwendungszweck „Wahlkampfspende Alice Weidel“. Erst Monate später überwies er das Geld zurück. Das hätte aber sofort passieren müssen, weil Spenden von Nicht-EU-Bürgern illegal sind.
Am Mittwoch hatte die AfD eine zweite Großspende von 150 000 Euro aus den Niederlanden bekannt gemacht, die mit dem Absender „Stichting Identiteit Europa“ (Stiftung Identität Europa) im Februar 2018 eingegangen war. Das Geld wurde zwar im Mai 2018 zurücküberwiesen, die vorgeschriebene Meldung an den Bundestag unterblieb aber.
Am Freitag wird zudem eine dritte, allerdings sofort zurücküberwiesene Spende bekannt. Der Vorsitzende der niederländischen Stiftung, Floris Berkhout, sagte dem „Spiegel“ und dem „Report Mainz“, er habe am 29. Februar 2016 an den AfD-Landesverband Nordrhein-Westfalen 49 000 Euro überwiesen. Der habe das Geld am 7. März 2016 zurücküberwiesen. Die AfD habe im Verwendungszweck darauf hingewiesen, dass die Annahme verboten sei. Zu der Quelle des Geldes sagte Berkhout nichts.
Der Landesvorstand in Baden-Württemberg erklärt indes, bis die Aufklärung erfolgt sei, wolle man „keine Bewertung der handelnden Personen vornehmen“. Dem Vorstand gehört auch Schatzmeister Frank Kral an. Ihm hatten Angehörige des Kreisverbandes von Weidel vorgeworfen, er habe ihnen im Umgang mit der Spende aus der Schweiz nicht die richtigen Ratschläge gegeben. Vor einigen Tagen hatte AfD-Landeschef Ralf Özkara noch erklärt, wenn die Spende illegal sei, müsse Alice Weidel zurücktreten.
Bei der Versammlung in Magdeburg wollen sie in diesen Tagen die Kandidaten für die Europawahl bestimmen. In Ruhe wird das aber wohl kaum passieren. Denn schon ab nächster Woche könnte die Staatsanwaltschaft gegen Alice Weidel ermitteln – falls der Bundestag nicht widerspricht. dpa/mmä