München – Vor dem Büro von Landtagspräsidentin Ilse Aigner gibt es im Maximilianeum eine kleine Sitzgruppe. Ein unscheinbares Plätzchen, doch tatsächlich hockt man hier auf dem Präsentierteller. Andauernd kommen Politiker, Journalisten und Mitarbeiter vorbei. Am Montagvormittag sitzt hier Marcel Huber – stundenlang. Der ehemalige Umweltminister ist derzeit bürolos. Er arbeitet am Laptop, telefoniert und bekommt Besuch. Journalisten setzen sich zu ihm, Ilse Aigner bietet ihm Kaffee an. Und irgendwann kommt auch Markus Söder vorbei.
Keine Frage, Marcel Huber ist derzeit die bitterste Personalie in der CSU. Eine, die die Partei noch ein Weilchen beschäftigen wird. Sein Ministeramt hat er verloren, weil er aus Oberbayern und keine Frau ist. Nun musste er auch die Bewerbung als Fraktionsvize zurückziehen, weil er aus Oberbayern und keine Frau ist. Söder spricht intensiv mit ihm. Versucht zu erklären. Die Zwänge. Die Verjüngung. Aber Huber ist untröstlich. Der 60-Jährige will nun überhaupt nicht mehr für Ämter kandidieren.
So unterschiedlich sind die Gemütslagen derzeit in der CSU. Söder läuft bei Huber vorbei, weil er gerade mit der Landtagspresse über seine Kandidatur als CSU-Chef gesprochen hat. Der Franke ist nun der starke Mann der Partei – auch wenn er verspricht, dass es „keine One-Man-Show“ geben wird. Söder ist bemüht, alle mitzunehmen: Der CDU sichert er „ein hochkooperatives Miteinander“ zu. Die Auseinandersetzung um die Zurückweisung von Asylbewerbern sei der „schwierigste Moment“ der vergangenen Monate gewesen. Jetzt wolle die CSU in der Bundesregierung Stabilitätsfaktor werden.
Horst Seehofer darf erst einmal im Amt des Bundesinnenministers bleiben. Auch Generalsekretär Markus Blume soll weitermachen. Die Partei wolle sich zwar erneuern, aber sie wolle auch zur Ruhe kommen. „Es ist manches an Seelenarbeit notwendig, um vieles miteinander zu versöhnen“, sagt Söder.
Spricht’s und beginnt mit der Seelenarbeit sofort bei Marcel Huber. Statt des Ex-Ministers wählt die Fraktion am Abend Tanja Schorer-Dremel aus Eichstätt zur Fraktionsvize, genauso wie den ehemaligen Justizminister Winfried Bausback und Alexander König.
Ärger gibt es während der Sitzung, weil gleich zwei oberbayerische Kandidatinnen für die Leitung von Arbeitskreisen durchfallen: die Erdingerin Ulrike Scharf unterliegt beim Thema Wirtschaft gegen Sandro Kirchner, statt der Starnbergerin Ute Eiling-Hütig kümmert sich Robert Brannekämper um Wissenschaft. Das mit der Frauenförderung muss die CSU noch lernen.
Ilse Aigner ruft eine Krisensitzung der Oberbayern ein. Aber auch das hilft nichts: Mit Klaus Stöttner verliert noch ein weiterer Oberbayer knapp eine Kampfabstimmung. Die Sitzung endet Teilnehmern zufolge in eisiger Atmosphäre. MIKE SCHIER