München – Am Morgen danach trifft man Ilse Aigner mit denkbar schlechter Laune an. „Ich finde es unmöglich“, raunt sie, „unmöglich.“ Es folgt eine Reihe weiterer Unmutsbekundungen, und, falls es noch nicht jeder verstanden hat, der Hinweis: „Ich habe mich richtig geärgert.“ Die genervte Präsidentin, Chefin der Oberbayern-CSU, will die Wahlen in ihrer eigenen Fraktion nicht kommentarlos hinnehmen.
Wie berichtet hatten am Montagabend die Abgeordneten reihenweise Kandidatinnen aus Oberbayern für höhere Ämter durchfallen lassen – Vizeposten in der Fraktion, Ausschussvorsitze, alles wenig wohlklingende, aber im Alltagsgeschäft sehr einflussreiche Ämter. 13 von 14 Arbeitskreisen werden nun von Männern geleitet. „Das Zeichen nach außen ist klar“, sagt Aigner mit bitterer Ironie. Der Regionalproporz habe oftmals über die Kompetenz und die Frauenförderung gesiegt.
Noch immer ist der Landtag dabei, sich für die anstehende Legislatur zurechtzuschütteln. Mit zwei neuen Parteien ist es diesmal etwas komplizierter. Und unerfreulicher. Vor allem für die CSU. Gestern Nachmittag wurden die Ausschüsse verteilt, die quasi das parlamentarische Gegenstück zu den Ministerien sind. Hier wird wichtige Vorarbeit für Gesetze und Anträge geleistet, die dann im Plenarsaal zwar noch debattiert, aber nicht mehr geändert werden.
Das Ergebnis müssen alle zähneknirschend hinnehmen. Bitter für die CSU ist der Verlust des Vorsitzes im Innenausschuss, den nun die Grünen übernehmen (außerdem: Umwelt und Petitionen). Generell herrscht Stirnrunzeln, weil die AfD im Bildungsausschuss über Tagesordnung und Sitzungsleitung herrscht. Die Partei beschwerte sich in der Plenardebatte schon vorher über „Ausgrenzung“, doch die anderen unternahmen keinen Versuch, der AfD einen Vorsitz vorzuenthalten.
Die FDP bekommt im Landtag den Bauausschuss, die SPD den Sozialausschuss. Die Freien Wähler leiten Landwirtschaft und Europa.
Welche Fraktion in welcher Reihenfolge einen Ausschuss übernehmen kann, richtet sich nach dem Wahlergebnis und ist in der Geschäftsordnung des Landtags festgelegt. In den anderen Fraktionen war befürchtet worden, dass die AfD Anspruch auf den Verfassungsausschuss anmelden würde. Das hätten viele Abgeordnete als eigenartig empfunden, da mehrere als rechtslastig geltende AfD-Abgeordnete vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Die CSU wählte jedoch als zweiten ihr zustehenden Ausschuss Recht und Verfassung, außerdem Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Dienst und Gesundheit. Da CSU-intern mit Ulrike Scharf (Wirtschaft) und Ute Eiling-Hütig (Wissenschaft) zwei Frauen durchgefallen waren, werden nun zwei Ausschüsse mehr von Männern geführt.
Für Aigner ist das politisch unangenehm. Die internen Wahlniederlagen werden auch ihr angekreidet. Wie schon vor fünf Jahren, als etliche Oberbayern durchfielen, heißt es, sie habe die Personalien nicht gut genug vorbereitet, ihre Netzwerke seien zu dünn, sie taktiere falsch.
Das strahlt auch aufs Gesamtbild der CSU ab. Stunden vorher hatte der designierte Parteichef Markus Söder noch gelobt, die CSU werde „jünger und weiblicher“ werden. Der oberbayerische Abgeordnete Ernst Weidenbusch dagegen schimpft: „Eine Frau von 14 – die Fraktion hat das Wahlergebnis nicht verstanden.“ mik/cd/dpa