München – Ob Bernd Posselt die offizielle Rückkehr ins Europaparlament schafft, steht in den Sternen. Inoffiziell hat er trotz verpasstem Mandat 2014 seine Arbeit im Straßburger Parlament bis heute fast so weitergeführt, als wäre er noch Abgeordneter. An diesem Wochenende wählt die CSU ihre Europaliste, und es sieht so aus, als würde es für den Münchner mehr als eng.
Doch gleich, ob Posselt noch einen aussichtsreichen Platz ergattert oder nicht, Europa wird sein Lebensthema bleiben. Weil es sein Leben von Geburt an geprägt hat. In seinem neuen Buch „Bernd Posselt erzählt Europa“ berichtet er nicht nur auf sehr persönliche Art von seinem familiären Hintergrund, seinem böhmischen Vater und seiner Mutter aus der Steiermark, den Wurzeln nach Slowenien, Kroatien und Ungarn. Und der Vertreibung aus dem Sudetenland nach 800 Jahren des Zusammenlebens seiner Vorfahren mit den Tschechen im Gefolge des Zweiten Weltkriegs. Er schlägt auch einen großen Bogen von der Vergangenheit zu den Aufgaben der Gegenwart, wenn Europa eine gute Zukunft in einer Welt voller Herausforderungen haben soll.
So verweist er auf die Charakterisierung des europäischen Erbes durch den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss, wonach das Abendland von drei Hügeln seinen Ausgang genommen habe: Golgotha, der Akropolis in Athen und dem Kapitol in Rom. Posselt ergänzt und erläutert dieses Bild durch einen zweiten Dreiklang: den romanisch-germanisch-slawischen. So detailliert und tiefgründig Posselt die historische Dimension Europas beleuchtet, so anschaulich streut er eigene Erfahrungen im sprichwörtlichen Sinne ein, etwa, wie er selbst mit Freunden Europa mit dem Zugticket durchreiste und damit kennenlernte.
Europa steht heute vor einer doppelten Aufgabe, so Posselt: Nach innen Reformen, um die Kompetenzen zwischen den Ebenen EU, Nationalstaat und Regionen sachgerecht aufzuteilen. Und die Aufgabe des Einstimmigkeitsprinzips im Rat, die Ausstattung des EU-Parlaments mit vollen Rechten zur Kontrolle einer Regierung (EU-Kommission) und die thematische Beschränkung des Europäischen Rats auf die großen Grundfragen. Und nach außen formuliert Posselt die Aufgabe so: „Die Europäer haben die einmalige Chance, ihre sehr verschiedenartigen Bindungen zu allen anderen Kontinenten und ihre geschichtlich gewachsenen kulturellen Sensibilitäten dafür zu nutzen, dass es im weltweiten Dorf nicht zu einem Zusammenprall der Religionen, Kulturen und Zivilisationen kommt.“
ALEXANDER WEBER
Bernd Posselt:
„Bernd Posselt erzählt Europa“; Verlag Fríedrich Pustet, 239 Seiten, 20 Euro.