Washington – Für Lindsey Graham, republikanischer Senator und eigentlich treuer Verbündeter des US-Präsidenten, steht die Sache fest: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman sei von nun an „giftig“, sagt er. Wenn die USA ihre Stimme der Moral verlören, verlören sie ihre stärkste Waffe. Auch sein konservativer Senatskollege Bob Corker kann nicht verstehen, dass Donald Trump das Regime in Riad und den Thronfolger mit dem Mord des Journalisten Jamal Khashoggi davonkommen lassen will. „Ich dachte, ich würde nie den Tag erleben, an dem das Weiße Haus sich als PR-Firma für Saudi-Arabien betätigt“, sagte Corker. Und der Republikaner Jeff Flake sagte: „Großartige Alliierte planen nicht den Mord von Journalisten, Herr Präsident. Großartige Alliierte locken ihre Staatsbürger nicht in eine Falle, um sie dann zu töten.“
Der Ärger ist groß über die Entscheidung Trumps, mit Rücksicht auf wirtschaftliche Aspekte und angebliche Bestellungen in Höhe von 450 Milliarden Dollar Riad sanktionsfrei davonkommen zu lassen – nicht nur bei der Opposition, sondern auch in der eigenen Partei. Die Grundlage dafür hatte der Präsident mit einer Erklärung gelegt, in der er die aus vielen Quellen berichteten CIA-Erkenntnisse schlichtweg ignorierte: Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit habe bin Salman die Tötung Khashoggis im Konsulat der Saudis durch ein eigens entsendetes Killerkommando in Auftrag gegeben, so das Geheimdienst-Fazit. Doch Trump hält eisern an seiner Linie fest. Gestern bedankte er sich bei Saudi-Arabien via Twitter für die zuletzt gesunkenen Ölpreise. Zuvor hatte er Sympathien für die häufig wechselnden Aussagen aus Riad erkennen lassen.
Die Welt sei eben ein gefährlicher Ort, formulierte Trump nun in seiner Erklärung. Und er fügte auch hinzu: Der Mord an Khashoggi sei zwar „schrecklich“, doch das saudische Königshaus habe ja „jegliche Kenntis dementiert“. Das Fazit lautete deshalb : Die USA würden ein unverbrüchlicher Partner Saudi-Arabiens bleiben.
Bei einem späteren kurzen Zusammentreffen mit Reportern auf dem Rasen des Weißen Hauses, wo die Berichterstatter ihm Fragen zurufen konnten, erweiterte der seit gestern im Thanksgiving-Urlaub in Florida weilende Präsident seine Argumentationskette für die Milde: Er könne es im Interesse von „America First“ nicht zulassen, dass China oder Russland künftig von Deals mit den Saudis profitierten, wenn die USA nun Härte zeigen würden. Oder dass der Ölpreis bis zu 150 Dollar pro Barrel steigen würde. Auch müsse man das notwendige Gegengewicht zum „Terror-Regime des Iran“ (Trump) im Auge behalten, und Riad sei hier ein „großartiger Verbündeter“. Den seit einiger Zeit in Washington geäußerten Verdacht, die Trump-Familie sei auch um persönliche Geschäfte besorgt, wies er empört zurück: „Ich mache keine Deals mit Saudi-Arabien. Ich habe kein Geld aus Saudi-Arabien. Ich habe mit Saudi-Arabien nichts zu tun.“
Im Jahr 2015 hatte dies noch ganz anders geklungen. Damals hatte Trump – noch als Privatmann – ausgesagt, er komme gut mit „allen in Saudi-Arabien“ klar. Und: „Die kaufen Apartments von mir. Die geben 40 Millionen, 50 Millionen Dollar aus“. Unklar ist, ob derartige Immobilien-Transaktionen vor allem für Liegenschaften in New York weiter stattfinden. Trump hatte bekanntlich nach der Ablegung des Amtseides die Führung seiner Firmen seinen Söhnen übertragen, um mögliche Interessenkonflikte nach außen hin zu vermeiden. Auch dies könnte vom Januar an – nach dem Gewinn des Repräsentantenhauses durch die Demokraten – zu unbequemen Fragen und Untersuchungs-Ausschüssen führen.