Berlin – Friedrich Merz will es dann doch nicht so gemeint haben. „Ich bin für die Beibehaltung des Grundrechts auf Asyl. Punkt“, sagte der Kandidat für den CDU-Vorsitz am Donnerstagabend. Die Debatte, die er mit einer Äußerung am Vorabend angezettelt hatte, bleibt aber dennoch. Und sie ruft unterschiedliche Reaktionen hervor.
Während Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus am Freitag in einem Interview mit „Fokus Online“ klarstellte, seine Partei werde „das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte nicht antasten“, stellte sich der Chef der Bundespolizeigewerkschaft, Ernst Walter, hinter Merz. Er habe „völlig recht, wenn er die Disharmonie zwischen europäischem und nationalem Anspruch kritisiert“, sagte Walter dem „Handelsblatt“. „Solange dieser Konflikt nicht gelöst ist, werden Länder wie Deutschland mit zusätzlichem Individualrecht auf Asyl weiterhin Magnet für die (…) Sekundärmigration sein.“
Merz hatte gesagt, Deutschland sei „das einzige Land auf der Welt, das ein Individualrecht auf Asyl in der Verfassung stehen hat“. Experten halten das aber für eine sehr steile These. Mit Individualrecht ist gemeint, „dass jeder, der Asyl beantragt hat, gegen eine anlehnende Entscheidung klagen kann“, sagt der Europarechtler Thomas Groß von der Universität Osnabrück. Das sei aber ohnehin europarechtlich garantiert. „Es gibt in allen EU-Staaten mindestens eine gerichtliche Instanz, die Klagen prüft.“
Passend zur Diskussion hat das Statistische Bundesamt am Freitag neue Zahlen zu Schutzsuchenden veröffentlicht. Danach haben sich im Jahr 2017 rund 1,7 Millionen Schutzsuchende in Deutschland aufgehalten – 83 000 Menschen mehr als im Vorjahr. „Schutzsuchende“ ist ein Überbegriff für Menschen mit verschiedenem Status, etwa Asylbewerber, deren Verfahren läuft, Geduldete und anerkannte Flüchtlinge.
Die Zahl der Asylbewerber ist zwischen Ende 2016 und Ende 2017 um 39 Prozent zurückgegangen. Unterm Strich lebten 349 000 Menschen in Deutschland, über deren Antrag noch nicht entschieden war. Die meisten stammten aus Afghanistan, dem Irak und Syrien. Die Zahl der Syrer mit offenem Schutzstatus sank binnen Jahresfrist um 71 Prozent. Den größten Zuwachs in dieser Gruppe gab es bei türkischen Staatsangehörigen.
Die größte Gruppe waren Ende 2017 Menschen, die einen anerkannten Schutzstatus hatten: rund 1,2 Millionen. Das waren 33 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten stammten aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan. Meist ist ihr Aufenthaltstitel zeitlich befristet, wie die Statistiker erklärten.
Im Ausländerzentralregister waren Ende 2017 auch 178 000 Schutzsuchende registriert, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Das waren 15 Prozent mehr als Ende 2016. Allerdings waren die meisten von ihnen vorübergehend geduldet – die Abschiebung also ausgesetzt. Die meisten abgelehnten Schutzsuchenden kamen aus Afghanistan, Serbien und Albanien. Am deutlichsten gewachsen ist die Zahl der abgelehnten Schutzsuchenden aus Westafrika, sie hat sich gegenüber 2016 beinahe verdoppelt.
In Summe waren damit Ende des vergangenen Jahres mehr als zwei Drittel der Schutzsuchenden Menschen mit anerkanntem Schutzstatus; die Zahl der Menschen mit offenem Status ging der Statistik zufolge von 36 auf 21 Prozent zurück. Der Anteil der geduldeten abgelehnten Asylbewerber lag Ende 2017 bei elf Prozent. dpa/mmä