Manchmal gibt es die eine Wahrheit einfach nicht. Unter welchen Umständen sollen einem Menschen, der nicht mehr zu retten ist, Organe entnommen werden dürfen, um damit ein anderes Leben zu bewahren? Wer behauptet, darauf könne es nur eine Antwort geben, der hat die Größe dieser Frage nicht erkannt.
Entsprechend polarisiert streitet auch die Politik seit Monaten. Angesichts zuletzt stark gesunkener Spenderzahlen strebt Gesundheitsminister Jens Spahn eine Reform der geltenden Organspenderegelung an. Verkürzt dargestellt will Spahn, dass künftig jeder als Spender gilt, der nicht ausdrücklich widersprochen hat. Die Diskussion darüber hat inzwischen alle Parteigrenzen im Bundestag aufgebrochen. Ein Drittel ist für Spahns Vorschlag, ein Drittel dagegen, ein Drittel unentschlossen, heißt es. Fraktionen spielen keine Rolle, es geht allein um die Sache und das eigene Gewissen. Der vorläufige Höhepunkt: Am Mittwoch will das Parlament eine offene Debatte zu genau dieser Frage führen.
Und siehe da: Allein, dass so leidenschaftlich gestritten wird, hat offenbar viele Menschen dazu gebracht, sich selbst mit dem Thema auseinanderzusetzen. Schon jetzt ist die Spenderzahl für 2018 höher als im gesamten Vorjahr. Das zeigt, wie heilsam demokratische Debatten sein können, wenn sie offen und glaubwürdig geführt werden. Das geschieht nur leider viel zu selten.
Sebastian.Horsch@ovb.net