Die Suche nach einem „deutschen Islam“

von Redaktion

Einen „Moschee-TÜV“ gibt es in Deutschland nicht. Dabei hält ihn mancher für angebracht, um offenzulegen, wer aus dem Ausland mit Geld Einfluss nimmt und was die Imame predigen. Das Thema treibt die Islam-Konferenz um.

VON ANNE-BEATRICE CLASMANN

Berlin – Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Muslime in Deutschland zum Aufbau klarerer Strukturen aufgerufen. Der Staat brauche im Dialog mit dem Islam einen festen Ansprechpartner, finde ihn aber nicht, sagte er zum Auftakt der Deutschen Islamkonferenz (DIK) in Berlin. „Ich bin ratlos, warum das so ist“, so der Minister an die Adresse der Islamverbände. Er beklagte zudem, dass es den Verbänden trotz fast zehnjähriger Debatte nicht gelungen sei, eine praktikable Imamausbildung in Deutschland zu organisieren.

In einer Grundsatzrede forderte Seehofer einen „Islam für Deutschland“ – auf dem Boden der Verfassung. Dazu zähle auch der Kampf gegen Antisemitismus. Beim anschließenden Podium fügte er hinzu, das Existenzrecht Israels gehöre zur deutschen Staatsräson und müsse von den hiesigen Muslimen anerkannt werden. Er bedaure zudem, wenn nach Straftaten von Muslimen der Islam insgesamt dafür verantwortlich gemacht werde. Umgekehrt müssten die Muslime Extremismus und Antisemitismus in ihren Reihen bekämpfen. Die Grünen klagten, Seehofers Islam-Vorstellung sei „Teil des Problems“, weil man sich einen deutschen Islam „nicht backen“ könne.

Ein großer Streitpunkt der neu strukturierten Konferenz ist die Frage, wer die Imam-Ausbildung finanziert. Seehofer will die ausländische Einflussnahme auf Muslime möglichst beenden. Er betonte, die praktische Schulung von Geistlichen sei Angelegenheit der islamischen Gemeinschaften. Deutschland habe ein „großes Interesse“ daran. Es müsse geklärt werden, wie sich muslimische Gemeinschaften organisieren könnten, um dem Religionsverfassungsrecht zu genügen.

„Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ – diese alte Spruchweisheit gilt im Grundsatz wahrscheinlich auch für viele Imame, die in deutschen Moscheen predigen. Gemeinden, die Geld aus den arabischen Golfmonarchien oder aus der Türkei erhalten, sehen sich zunehmend dem Vorwurf ausgesetzt, sie vermittelten politisch fragwürdige Werte und beförderten die Entstehung von Parallelgesellschaften. Vor allem der türkisch-islamische Moscheeverband Ditib gerät immer stärker in die Defensive. Er sieht sich mit der Frage konfrontiert, ob es 57 Jahre nach der Ankunft der ersten „Gastarbeiter“ aus der Türkei noch zeitgemäß ist, dass die staatliche Religionsbehörde in Ankara Prediger nach Deutschland schickt, die hierzulande dann auf Türkisch predigen.

Ditib-Vertreter Zekeriya Altug findet das unfair. Er sagt, das System habe sich bewährt, und sei von der Bundesregierung früher doch auch „hoch gelobt“ worden. Und dass viele ältere Muslime einer Predigt auf Deutsch ohnehin nicht folgen könnten.

Der türkisch geprägte Verband der Islamischen Kulturzentren bildet allerdings schon seit rund 30 Jahren in Deutschland Imame aus. „Finanziert durch Mitgliedsbeiträge und Spenden“, sagt der Dialogbeauftragte Erol Pürlü. Die kleine Gemeinschaft der Ahmadiyya Muslim Jamaat betreibt seit 2012 in Hessen einen Imam-Lehrgang.

Wenn deutsche Moscheegemeinden Geld vom Staat erhalten, dann nur für konkrete Projekte. Etwa für die Integration muslimischer Flüchtlinge oder für die Deradikalisierung salafistischer Jugendlicher. Aus dem laufenden Betrieb hält sich der Staat heraus, wie ja auch bei den Kirchen. Anders als bei den Kirchen treibt der Staat für Islam-Verbände aber auch keine Steuern ein.

In Österreich sind Zuwendungen aus dem Ausland inzwischen verboten. Laut der Islamischen Glaubensgemeinschaft finanzieren sich die Gemeinden aus Mitgliedsbeiträgen, aus denen Imame bezahlt werden.  (mit afp/kna)

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