Der nächste Klimagipfel

von Redaktion

Im polnischen Kattowitz besprechen 200 Staaten, wie die Ergebnisse des Pariser Abkommens umgesetzt werden

Kattowitz – Kattowitz ist als Ort für einen Klimagipfel auf den ersten Blick ziemlich ungeeignet. Die 300 000-Einwohner-Stadt liegt im Oberschlesischen Industriegebiet, der Steinkohleregion Polens. „Wir haben ein kohlebesessenes Land am Steuer“, kritisiert die Hilfsorganisation ActionAid. Andererseits passt Kattowitz als Gastgeber genau deswegen. Denn viele Zechen sind inzwischen zu. Der Ort habe sich „von einer Kohle- und Stahl-Stadt zu einer Stadt der Kultur, moderner Dienstleistungen, IT, Wirtschafts- und Bildungseinrichtungen“ entwickelt, lobt Ovais Sarmad vom UN-Klimasekretariat.

Tagebaue und Kraftwerke dicht machen, neue Jobs für die Kohlekumpel, darum ringt gerade auch Deutschland – und es muss eine globale Aufgabe im Kampf um das Weltklima sein. Wenn Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) heute den Deutschen Pavillon auf dem 24. UN-Klimagipfel eröffnen, können sie keine Fortschritte beim deutschen Kohleausstieg verkünden. Das war anders geplant. Wenigstens ein paar Sofortmaßnahmen für das Klimaschutzziel 2020 hätten sie in der Tasche haben sollen, so wollte es die Bundesregierung. Und kurz sah es so aus, als könnten sie schon ein Gesamtkonzept für den Weg aus der Braun- und Steinkohle vorzeigen. Aber die Kohlekommission, in der Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaftler und Klimaschützer an einem Tisch sitzen, dreht eine Extrarunde, weil die betroffenen Bundesländer konkretere Zusagen wollen. „Dann brauchen wir halt etwas länger“, sagte Schulze. Die Verzögerung aber regt deutsche Klimaschützer auf – und wird in Kattowitz registriert werden.

Die Verzögerung wird ein Randaspekt bleiben. Die Klimadiplomaten aus mehr als fast 200 Ländern haben große Aufgaben vor sich in den knapp zwei Wochen, die sie in Polen zusammensitzen. Ein Regelwerk muss her für die Umsetzung des Paris-Abkommens, in dem die Weltgemeinschaft sich das Ziel gesetzt hat, die Erderwärmung auf „deutlich unter zwei Grad“, möglichst auf 1,5 Grad, zu begrenzen. Schon jetzt hat sich die Erde bereits um ein Grad erwärmt. Würden die Staaten ihre bisherigen Ankündigungen umsetzen, würden es drei Grad – mit katastrophalen Folgen.

Damit es so weit nicht kommt, sollen nun alle fünf Jahre ehrgeizigere nationale Klimaschutz-Pläne auf den Tisch gelegt werden, zwischendurch gibt es globale Bestandsaufnahmen, wo der Klimaschutz gerade steht. Dazu müssen die nationalen Berichte vergleichbar und verlässlich sein – die Regeln dafür werden gerade erarbeitet. Wenigstens zu den Grundsätzen solle es bis Mitte Dezember einen Kompromiss geben, damit dieser Klimagipfel als Erfolg gelten kann.

Es geht etwa um die Frage, wie der Bestand und Schutz von Wäldern, die ja das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre ziehen, angerechnet werden darf. Was technisch klingt, bedeutet nicht weniger, als das Pariser Abkommen auch wirklich mit Leben zu füllen.

Ziel Nummer zwei: 2020 sollen ehrgeizigere nationale Klimaschutzpläne vorliegen. Weil das Pariser Abkommen schneller in Kraft trat als geplant, war für dieses Jahr aber noch keine globale Bestandsaufnahme vorgesehen. Sie wird ersetzt durch den Talanoa-Dialog – das Wort stammt aus Fidschi und bezeichnet einen lösungsorientierten, respektvollen Austausch. Egal, wie es heißt: Die Staaten sollen sich jetzt gegenseitig motivieren, ihre Ziele hochzuschrauben.

Viele Aufgaben also – und eine schwierige Ausgangslage. Zwar hat die internationale Klimadiplomatie den Donald-Trump-Schock halbwegs verdaut – der US-Präsident hat angekündigt, das Pariser Abkommen zu verlassen. In Verhandlungen verhalten sich die US-Delegationen nach Teilnehmerangaben „unauffällig“. Mehrere US-Staaten, Städte und Firmen zeigen sich seit Trumps Amtsantritt erst recht engagiert. Unklar ist allerdings, wer die milliardenschwere Finanzierungslücke schließen soll, die der US-Präsident reißen will. TERESA DAPP

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