Frankreich lenkt ein

Macron, der Unsichtbare

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

Frankreichs Regierung macht nun also einen Schritt auf die „Gelbwesten“ zu; nach den Eindrücken vom Samstag war ein Zeichen der Entspannung auch nötig. Man könnte Premier Édouard Philippe nun vorwerfen, er sei vor der Gewalt eingeknickt. Aber das wäre zu kurz gegriffen. Er schafft die Steuererhöhungen ja nicht aus der Welt, sondern verschiebt sie und öffnet so einen Raum für Gespräche. Härte hat bisher jedenfalls nicht geholfen.

Die Frage ist bloß, ob sich die Aufgebrachten so besänftigen lassen oder ob die destruktive Dynamik schon zu stark ist. Die Proteste gingen ja längst über Steuerfragen hinaus, an ihnen zeigt sich ein grundsätzlicher Frust, der sich nicht an einem Thema festmachen lässt. Es geht gegen die da oben, oder eher gegen den da oben: Emmanuel Macron. Und es mag sein, dass der Präsident, der vielen als elitär gilt, nie wirklich auf Tuchfühlung zum Normalbürger kam. Lange war das nicht sichtbar, weil selbst die Gewerkschaften – eigentlich das Ventil für den Bürgerfrust – die Notwendigkeit vieler Reformen einsahen. Die Wut trifft Macron mit einiger Verzögerung – aber heftig.

Die Frage, wie er mit der Situation umgeht, könnte über seine politische Zukunft entscheiden. Bisher macht er nicht nur keine gute, sondern gar keine Figur. Dass er seinen Premier vorschickt, um das dampfende Eisen aus dem Feuer zu holen, ist jedenfalls kein Zeichen von Souveränität. Er wird das Thema nicht mehr lange verdrängen können, sonst verdrängt es ihn.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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