MIKE SCHIER
Es ist ein Spiel mit dem Feuer: In der Nato dürften die US-Erkenntnisse kaum überrascht haben, dass Russland den INF-Vertrag umgeht, der die Her- und Aufstellung atomarer Raketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern untersagt. Nicht nur, weil Russland selbst das Abkommen bereits 2007 offen infrage gestellt hatte. Sondern vor allem, weil Wladimir Putin nicht erst seit der Krim-Krise seine militärische Macht so ausbaut, dass sie ein klares Signal gen Westen sendet.
Schon Barack Obama war dies ein Dorn im Auge. Doch es musste erst der notorisch polternde Macho Donald Trump kommen, um das Thema zu eskalieren. Dass er dabei auf den notorisch polternden Macho Wladimir Putin trifft, macht die Angelegenheit nicht leichter. Wenigstens scheinen die Amerikaner, die gerade die komplette Weltordnung infrage stellen, der Nato ein paar Wochen Zeit einzuräumen, ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen. Vielleicht hat dem außenpolitisch eher dilettierenden US-Präsidenten ja jemand eingeflüstert, dass eine Nato-Spaltung Putins größter Erfolg wäre.
Um es klar zu sagen: Sollten die USA den Vertrag einseitig kündigen, könnte sich Moskau zum Opfer stilisieren und erhielte zudem einen Freifahrtschein, Raketen dort zu stationieren, wo sie Europa am empfindlichsten treffen. Das kann keiner wollen! Die Nato muss deshalb gemeinsam vorgehen – und statt zu kündigen, den Vertrag neu verhandeln. Angesichts der Charaktere Trump und Putin mag das fast etwas naiv klingen. Doch auch 1987 standen sich Washington und Moskau misstrauisch gegenüber. Das Ergebnis half, drei Jahrzehnte Frieden zu sichern.
Mike.Schier@ovb.net