In der SPD herrschte in den vergangenen beiden Wochen verdächtige Stille: Vermutlich waren die Genossen vollauf damit beschäftigt, vom Willy-Brandt-Haus aus Friedrich Merz die Daumen zu drücken. Für sie wäre der neoliberale Reformer das perfekte Feindbild gewesen. Statt weiter das anscheinend ewig währende Agenda-Trauma wälzen zu müssen, wäre die SPD mit einem Schlag zum sozialen Gewissen der GroKo geworden. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer wird das schwieriger.
Volker Bouffier konnte sich auf dem CDU-Parteitag den etwas gehässigen Vergleich nicht verkneifen, dass die SPD während der Ära Merkel gleich zehn Parteivorsitzende verschlissen habe. Auch Andrea Nahles, erst seit der Bundestagswahl im Amt, gilt schon wieder als angezählt. Die Europawahl im Mai dürfte für die SPD schwierig werden, an die ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst wollen viele lieber gar nicht denken. Zumindest in Thüringen und Sachsen drohen laut Umfragen ähnlich desaströse Zahlen wie im Oktober in Bayern.
Doch wo ist der Ausweg? Die inhaltliche Erneuerung, die sich die Partei nach der Bundestagswahl verordnet hat, findet kaum Gehör – man muss ja regieren. Auch personell gibt es keine überzeugende Alternative. Der zwar solide, aber bürokratisch-blasse Olaf Scholz? Oder der ebenso eloquente wie unerfahrene Kevin Kühnert? Beide scheinen keine erfolgversprechenden Kanzlerkandidaten für Neuwahlen. Die SPD dreht sich weiter im Kreis.
Mike.Schier@ovb.net