Hamburg – Sie ist die neue Vorsitzende der CDU: Annegret Kramp-Karrenbauer. Auf dem Hamburger Parteitag setzte sich die Saarländerin in einer Stichwahl gegen Friedrich Merz durch. Im Interview spricht sie über ihre Ziele, über ihre Kontrahenten und über ihr künftiges Leben als Parteichefin.
Frau Kramp-Karrenbauer, wie waren die ersten Stunden als CDU-Chefin?
Ehrlich gesagt: Es fühlt sich immer noch etwas unwirklich an. Es braucht auch noch ein paar Tage, bis alles gesackt ist.
Gehörte ihre Wahl zu den aufregendsten Stunden in ihrer Karriere?
Am größten war die Aufregung vor meiner Rede. Danach war ich einfach erleichtert, zumal ich gemerkt habe, dass meine Rede gut funktioniert hat.
Paul Ziemiak, ihr neuer Generalsekretär, hat mit rund 60 Prozent ein miserables Wahlergebnis bekommen. Ist das nicht auch ein Fehlstart für Sie?
Paul Ziemiak und mir war klar, dass es ein durchwachsenes Ergebnis geben würde. Er kommt aus dem gleichen Bezirksverband wie Friedrich Merz und die Junge Union sowie auch er persönlich sind Jens Spahn sehr verbunden. Es gab Stimmen, die gesagt haben, wenn man in dem einen Lager gestanden hat, kann man nicht ins andere wechseln. Mein Ziel ist es, die Partei zu einen und zusammenzuführen. Deswegen bin ich froh, dass er mitmacht.
Sie sprechen von integrieren und einbinden. Wie soll das gehen, wenn Friedrich Merz nicht mitmachen will?
Erstens ist Jens Spahn im Team dabei. Wir werden eng zusammenarbeiten. Mit Friedrich Merz habe ich ein Gespräch vereinbart. Er hat gesagt, er wolle sich einbinden lassen, wenn die Partei das wünscht. Wie das genau aussehen kann, das werden wir besprechen.
Sind Sie dafür, dass Merz ins Kabinett eintritt?
Über die Zusammensetzung des Kabinetts entscheidet die Bundeskanzlerin und das Kabinett ist vollzählig. Deswegen konzentriere ich mich darauf, mit ihm zu besprechen, wie seine Rolle in der Partei aussehen könnte.
Wie ist ihr Verhältnis zu Wolfgang Schäuble, der für Merz geworben hat?
Er ist eine ganz besondere Persönlichkeit in der CDU. Ich habe auch weiterhin große Achtung vor seinen Verdiensten für unsere CDU und unser Land. Mein Verhältnis zu ihm ist nicht besser oder schlechter als es vorher war.
Im nächsten Jahr stehen Landtagswahlen im Osten an. Welches Konzept haben Sie gegen die AfD?
Das wird für uns kein einfaches Wahljahr. Wir können nur gewinnen, wenn wir auch aus eigener Stärke agieren. Wir dürfen die Frage, was wir anbieten, nicht davon abhängig machen, was der eine oder andere Mitbewerber in petto hat. Neben Landesthemen wird es in den Wahlkämpfen auch um Soziales wie die Rente gehen. Da werden wir als CDU unsere Antwort geben. Wir können nicht sagen, da haben wir eine Kommission eingesetzt und die warten wir ab.
Und was ist mit der Migrationsfrage?
Ich will Anfang 2019 mit Experten – Befürwortern und Kritikern – in der Partei in einem Werkstattgespräch noch einmal darüber reden, was war 2015, was haben wir seitdem verändert, was funktioniert auch im täglichen Vollzug – und was eben nicht. Mein Ziel ist es, konkrete nächste Verbesserungen zu erarbeiten, die unter anderem in unser Programm für die Europawahl einfließen.
Wie wollen Sie das Profil der CDU innerhalb der Koalition schärfen?
Für die CDU gilt: Das, was wir unterschrieben haben, halten wir ein. Die CDU hat mit dem, was wir auf dem Parteitag beschlossen haben, jede Menge Möglichkeiten ihr eigenes Profil zu schärfen. Ob bei der Dienstpflicht oder anderen Themen. Das werden wir auch tun.
Setzen Sie perspektivisch auf Jamaika?
Die Große Koalition ist im Amt. Und als Vorsitzende der größten Regierungspartei sehe ich es als meine Aufgabe, für die nötige Stabilität zu sorgen. Mein Ziel ist es, dass die CDU bei den nächsten Wahlen wieder in eine Position der Stärke kommt. Dann werden wir entscheiden, mit wem wir das beste Programm umsetzen können.
Aber die Rollenverteilung zwischen ihnen und Angela Merkel ist geklärt?
Der Erfolg von Regierungsentscheidungen hängt davon ab, dass sie von der Partei mitgetragen werden. Gleichzeitig muss es klare Positionen der Partei geben, die in der Regierungsarbeit Berücksichtigung finden. Beides wird meine Aufgabe sein. Ich sehe uns als Tandem.
Sie stehen noch immer im Püttlinger Telefonbuch. Bleibt das jetzt noch so?
Eigentlich möchte ich es gerne. Da ich nur selten zuhause bin, nimmt mein Mann die meisten Telefonate entgegen. Die Zahl der Anrufe, die die Grenze des guten Umgangs und Geschmacks verletzten, hat stark zugenommen. Es ist zum Teil eine echte Belastung. Da geht es auch um den Schutz der Familie.
Interview: Hagen Strauß