Merkel reist zum Pakt-Gipfel

von Redaktion

Trotz der Kritik steht Deutschland zum umstrittenen UN-Migrationspakt. Kanzlerin Angela Merkel wird am Montag bei der Konferenz in Marrakesch persönlich auftreten.

Marrakesch/Berlin – Die Kanzlerin auf einem längeren Marsch in der untergehenden Abendsonne, lange Schatten auf dem samtroten Teppich: Fast ein wenig idyllisch verläuft Angela Merkels Willkommen am Sonntagabend in Marokko. Auf dem Weg vom Regierungs-Airbus (diesmal pannenfrei) bis zum Flughafengebäude durchschreitet Merkel eine Ehrenformation der marokkanischen Streitkräfte, alle in Weiß und mit gezücktem Säbel, drinnen wartet ein Berg Datteln. Ein Staatsbesuch wie jeder andere?

Mitnichten. Marrakesch ist eine der schwierigeren Reisen, jedenfalls aus innenpolitischer Sicht. In Nordafrika steht heute die Annahme des Migrationspakts an, der in Deutschland zu wüsten innenpolitischen Debatten, in Österreich zu einem Kurswechsel der Koalition und in Belgien sogar zum Scheitern der Regierung geführt hat. Die AfD bekämpft den Pakt, auch in Teilen der Union gibt es Skepsis, in der CSU auch Unmut, warum Merkel persönlich nach Marrakesch reist – ob sich das nicht mit weniger Trommelwirbel machen ließe?

Die Bundesregierung hält an ihrem klaren Ja aber fest. Kurz vor Abreise sagt Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) dem „Spiegel“, der Pakt biete „erstmals einen internationalen Rahmen, um Migration aktiv zu steuern, zu ordnen und zu regeln“. Jede Ablehnung sei „Wasser auf die Mühlen derer, die böswillige Desinformationskampagnen gegen den Pakt fahren“. Merkel will heute nach der Eröffnungszeremonie der UN-Migrationskonferenz während der ersten Arbeitssitzung eine Rede im Plenum halten. Sie gilt als ranghöchster Gast, die meisten anderen Staaten senden nur Minister. Gegen Mittag macht sie sich allerdings auf den Rückweg nach Berlin zur letzten Plenarwoche des Bundestags 2018.

Der Pakt enthält 23 Ziele, auf deren Basis die internationale Politik verbessert werden soll, um gegen illegale und ungeordnete Migration vorzugehen und Migration sicherer für die Menschen zu machen. Die Vereinbarung – rechtlich nicht bindend, aber politisch verpflichtend – umfasst eine Reihe von Leitlinien und Maßnahmen. Dazu gehört eine Verbesserung der Lebensbedingungen in Herkunftsländern, Schutz der Migranten vor Ausbeutung und vor Benachteiligung in den Aufnahmeländern.

Die Migrationspakt war von allen UN-Mitgliedern außer den USA ausgehandelt worden. Obwohl das Dokument ausdrücklich die geltende Souveränität der Mitgliedsstaaten betont, fürchten einige Länder um ihre nationale Hoheit. Mehrere Regierungen hatten das Papier in den vergangenen Wochen abgelehnt – darunter Ungarn, Österreich, Polen, Tschechien, Bulgarien, Australien, die Slowakei und Israel. Die EU-Kommission rief hingegen alle Mitglieder zur Unterstützung auf. Die Schweiz und Italien werden nicht vertreten sein, weil die Regierungen in Bern und Rom erst die Parlamente entscheiden lassen wollen. Die Annahme des Paktes in Marrakesch gilt trotzdem als sicher.

In Deutschland hatte die AfD eine Debatte darüber entfacht. Sie warnte vor einem Verlust nationaler Souveränität und einer „Beschleunigung und Vervielfachung der Zuwanderung“. Doch der Bundestag stellte sich mehrheitlich hinter die Vereinbarung und betonte, diese entfalte „keinerlei rechtsändernde oder rechtssetzende Wirkung“. Auch der CDU-Parteitag nahm einen Antrag des Bundesvorstandes zum Migrationspakt mit großer Mehrheit an.  dpa/cd

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