Gäbe es eine Aufregungs-Richterskala für Politik, so hätte man auf dieser in Washington am Wochenende eine 9 oder 10 verzeichnet. Die weniger blutdruckerhöhende Meldung war dabei, dass Donald Trump seinen ungeliebten Stabschef John Kelly ersetzt. Kelly sollte im Weißen Haus für Ordnung sorgen, doch sein Scheitern war angesichts eines nur Impulsen folgenden Vorgesetzten programmiert. Viel aufregender sind für Beobachter und vor allem Trump-Kritiker die Gerichtseingaben von Sonderermittler Robert Mueller. Aus ihnen ziehen jene, die den Präsidenten scheitern sehen wollen, gleich mehrere Schlussfolgerungen: Trump habe gegen das Parteispendengesetz verstoßen und ist deshalb kriminell. Seine Geschäftsinteressen in Moskau deuteten auf Wahlbeeinflussung hin. Eine Amtsenthebung sei eine Frage der Zeit.
Dass viele dieser Prognosen vor allem parteipolitisch motivierter Lärm sind, sagen die Urheber natürlich nicht. Und sie verschweigen auch, dass es Fakten gibt, die gegen eine schnelle Götterdämmerung sprechen. Ein amtierender Präsident kann nach Ansicht der US-Justiz nicht angeklagt werden. Für eine Amtsenthebung fehlt die politische Mehrheit im Senat. Und: Alle Verstöße sind zunächst nur behauptet. Für eindeutige Absprachen der Trump-Truppe mit Russland zum Nachteil Hillary Clintons fehlt weiter der unbestreitbare Beweis. Unterm Strich muss deshalb auch für den gut angreifbaren Donald Trump weiter der Grundsatz gelten: Unschuldig, bis das Gegenteil rechtskräftig bewiesen worden ist.
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