Ein Auftritt zwischen Alltag und Afrika

von Redaktion

Söder erklärt die bekannten Vorhaben seiner Regierung – Schulze: „So was von unambitioniert“

München – Der Landtag rüstet sich für eine große Stunde. Das Putzkommando wischt eilig über die Glasscheiben rund um den Plenarsaal, der Sprengstoffhund schnuppert durch die Reihen, ein Mitarbeiter knipst das Licht an in der großen Weihnachtskrippe, die Schafherde vor dem Stall blickt erwartungsfroh. So groß wird die Stunde dann aber doch nicht. Die erste Regierungserklärung der neuen „Bayern-Koalition“ bleibt in weiten Teilen erwartbar.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) referiert vom Blatt weg die Pläne der Koalition. Das mediale Interesse ist nicht arg groß, die Besuchertribüne sogar fast leer. Das hat Gründe: Weit über den Koalitionsvertrag hinaus gehen kann der Regent nicht.

Dabei sind Söders Schwerpunkte CSU-untypisch. Sehr stark betont er die Familie, auch Patchwork-Modelle. Auf mindestens 12 000 Euro pro Kind bis zur Grundschule rechnet er die staatlichen Zuschüsse hoch. Söder verspricht mehr Einsatz für Wohnraum, schimpft über Mieten von 20 Euro pro Quadratmeter in München. „Das weitet sich aus, Woche für Woche, ins Umland. Welcher Normalverdiener kann sich das noch leisten?“ Konkret sagt er 1000 Wohnungen und Wohnheimplätze auf dem Münchner McGraw-Areal zu. Und einen „Pakt“ mit den Kommunen, um das Planungsrecht zu entschlacken.

Söder betont auch Umwelt und Klima. Jenseits seines 23-Seiten-Manuskripts: „An die Adresse aller Verschwörungstheoretiker: Die Frage ist nicht, ob der Klimawandel kommt, sondern wie wir ihn bewältigen.“ Für Bayern verspricht er im Jahr 2030 bei den Neuzulassungen 70 Prozent Elektroautos. Gleichzeitig halte er am Diesel fest.

Ungewöhnlich und neu in Söders Rede: Er kündigt seine erste große Auslandsreise an. Als Signal für Einsatz gegen Fluchtursachen will er 2019 nach Afrika, voraussichtlich Zentralafrika, reisen. Die Reisen der Vorgänger waren meist von Wirtschaftsinteressen geprägt, auch in Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Edmund Stoiber und Horst Seehofer reisten mehrfach auch nach Russland. Söder wollte selbst in die USA, sagte aber vor der Wahl doch wieder ab.

Für sein Bündnis verspricht Söder: „Wir werden keine Streitkoalition sein, sondern ein Team.“ Doch die Opposition geht damit scharf ins Gericht. „So was von unambitioniert und so was von zu wenig“ seien etwa die Klima-Pläne, ruft Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze: „Ich verstehe nicht, warum Ihnen der Abstand von Windrädern wichtiger ist als der Anstieg des Meeresspiegels.“ Auch der E-Auto-Offensive traut sie nicht: Dann stünden eben die E-Autos im Stau.

Schulze spricht vor sich leerenden CSU-Reihen, am Ende fehlen zwei Drittel der Fraktion. Neu: Söder hört diesmal Wort für Wort zu, zeigt ab und zu spöttische Gesten.

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner wirft ihm hingegen vor, seine Rede strotze „vor Stolz und Selbstgefälligkeit“. Er betreibe Politik mit „einer großen, schönen, grünen Gießkanne“. Ansonsten redet sie meist über den Migrationspakt. SPD-Fraktionschef Horst Arnold spricht von leeren Geschenken, die Söder „säuselnd“ verkaufe. Der Beitragszuschuss zur Kita reiche nicht, führt er als Beispiel an. FDP-Fraktionschef Martin Hagen greift vor allem den Koalitionspartner an: „Die Freien Wähler haben ihre Themen für Posten und Dienstwagen verkauft.“ Ebner-Steiner wirft er vor, eine „extremistische Rede“ gehalten zu haben.  cd/mik

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