Ringen um Fachkräfte-Gesetz

von Redaktion

Den einen geht es zu weit, anderen nicht weit genug: Das geplante neue Gesetz zur Einwanderung von Fachkräften ist ein Zankapfel. Dennoch hofft die Regierung auf eine Verständigung, bevor sie sich unter den Tannenbaum verabschiedet.

Berlin – Die Bundesregierung ringt um einen Kompromiss zum neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz noch vor Weihnachten. „Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung dauert aktuell noch an“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. „Wir streben weiterhin den Kabinettstermin am 19. Dezember an.“ Also am Mittwoch.

Das dürfte ambitioniert sein. Denn: Sollten Innen-, Wirtschafts- und Arbeitsministerium sich einigen, dürfte das Ergebnis noch weiter abgestimmt werden, bevor es ins Kabinett geht.

Insbesondere aus der Union kamen zuletzt kritische Töne; Abgeordnete warnten vor „Missbrauchsmöglichkeiten und möglichen Fehlanreizen“ für Ausländer auf Jobsuche. Der Obmann der Union im Innenausschuss des Bundestages, Armin Schuster (CDU), hatte vergangene Woche gesagt, der Referentenentwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz biete „die Möglichkeit für Schleuser, Menschen eine illegale Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, um sich hier einen Aufenthaltstitel zu erschleichen mit einer vorgeblichen Arbeits- oder Ausbildungsaufnahme“

Doch das ist nur die eine Seite: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geht der Entwurf hingegen nicht weit genug. Er teile die Einschätzung vieler Unternehmer, dass Baden-Württemberg die Zuwanderung von Arbeitskräften benötige, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“. Dies gelte nicht nur für Hochqualifizierte, sondern auch für Geringqualifizierte: „Man sollte vereinbaren, dass Geringqualifizierte, die vorab einen Arbeitsvertrag in der Tasche haben, zeitlich befristet bei uns arbeiten dürfen.“ Für sie könnten Kontingente festgelegt werden, wie dies 2015 für Westbalkanflüchtlinge geschehen sei. „Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht“, sagte Kretschmann.

Auch die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haten die Regierung gewarnt, der Entwurf dürfe nicht verwässert werden. „Bestrebungen, die im Referentenentwurf vorgesehenen Regelungen wesentlich zu verändern, gefährden das Ziel einer gezielten und erforderlichen Fachkräftezuwanderung“, heißt es in einem Schreiben an die zuständigen Minister

Den ursprünglichen Gesetzesentwurf hatte Innenminister Horst Seehofer (CSU) mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) abgestimmt. Der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ zufolge verständigten sich die drei Bundesminister mit Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) darauf, einige Punkte zu verschärfen. So sollen demnach etwa Zuwanderungssperren für Länder verhängt werden können, aus denen ein erheblicher Anstieg offensichtlich unbegründeter Asylanträge vorliegt. Dennoch gingen die Gespräche auch am Wochenende weiter.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) forderte nun die Union auf, den Entwurf in seiner vorliegenden Fassung zu unterstützen. Er sei bei dieser Vorlage „voll auf der Seite von Horst Seehofer“, sagte der CDU-Politiker im rbb Inforadio. Das Innenministerium habe den Entwurf nochmal „gut nachgebessert“, sagte Günther. „Ich appelliere wirklich an alle in der Union, jetzt Horst Seehofer da nicht im Regen stehen zu lassen, weil er hier wirklich einen richtigen Schritt gemacht hat.“ Er hoffe, dass das Gesetz jetzt entsprechend von der Bundesregierung verabschiedet werde.

Deutliche Kritik kam hingegen von der AfD. Der Bundestagsabgeordnete Christian Wirth bemängelte, dass Menschen auch ohne Jobzusage nach Deutschland einreisen dürfen sollen. Er sprach von einem neuen „Einfallstor nach Deutschland“: „Wer qualifiziert ist und eine Arbeitsstelle in Deutschland schon sicher hat, der bereichert unser Land und vermehrt seinen und unseren Wohlstand zum gegenseitigen Nutzen. In unserer digitalen, global vernetzten Welt gibt es keinen Grund, für die Arbeitssuche zwingend vor Ort sein zu müssen.“

Artikel 8 von 11