Wohin mit Merz?

von Redaktion

CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer spricht mit unterlegenem Kontrahenten über dessen Zukunft

Berlin – Rund eineinhalb Wochen nach seiner Niederlage bei der Wahl zum CDU-Vorsitz ist die politische Zukunft von Friedrich Merz weiter offen. Ein Gespräch der neuen Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer mit dem Ex-Fraktionsvorsitzenden am Donnerstag erbrachte kein Ergebnis, wie die Deutsche Presse-Agentur und der „Spiegel“ erfuhren. Es soll im Januar fortgesetzt werden.

Merz war bis zu seiner überraschenden Kandidatur für die Nachfolge von Angela Merkel seit Jahren politisch abgetaucht. Viele CDU-Politiker fordern nun, dass er trotz seiner Niederlage wieder eine wichtige Rolle in der Partei spielen soll.

Der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte der „Welt am Sonntag“ auf die Frage, ob er von Merz erwarte, dass dieser entweder Verantwortung übernehme oder schweige, das Grundrecht der Redefreiheit gelte für jeden – auch vor, während und nach Parteitagen. „Allerdings hat sich die Partei schon gewünscht, dass er mit seiner profilierten Position nicht nur von diesem Recht Gebrauch macht, sondern sich dafür auch in die Pflicht nehmen lässt.“

Kramp-Karrenbauer hatte sich am 7. Dezember beim CDU-Parteitag in Hamburg in der Stichwahl mit 517 zu 482 Stimmen gegen Merz durchgesetzt. Lammert sagte, Merz wäre von den Delegierten „mit einem triumphalen Wahlergebnis in jede denkbare weitere Funktion“ gewählt worden, für die er kandidiert hätte. Man müsse aber respektieren, dass er das nicht wollte.

Nach Auffassung des sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) sollte Merz in die Strategieplanung der Partei eingebunden werden. „Der konservativere Lungenflügel der CDU“ müsse wieder deutlicher beatmet werden, zudem habe er den Eindruck, dass Merz die Interessen des Ostens „deutlich im Blick hat“, sagte Haseloff der „Magdeburger Volksstimme“.

Aus seiner Sicht braucht die CDU eine neue Strategiestruktur. „Eine Art Thinktank, ein Beratergremium also, das sich in Grundsatzfragen laut zu Wort meldet.“ Dabei müsse es um Fragen gehen wie die Sicherung des Wohlstands, den Migrationspakt und den Umgang mit Osteuropa. „In solch ein Team gehören Friedrich Merz, aber auch Ole von Beust, Roland Koch und andere. Sie haben den nötigen Abstand zum politischen Tagesgeschäft.“ Idealerweise gehöre Merz ins Bundeskabinett, sagte Haseloff. „Aber das ist nicht realistisch. Die Positionen sind verteilt.“

Noch ungeklärt ist indes die Frage der nächsten Kanzlerkandidatur. Würde Kramp-Karrenbauer antreten, könnte die Union laut einer Emnid-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ auf Stimmen aus dem linken Spektrum spekulieren. Ein Kandidat Friedrich Merz dagegen könnte vor allem AfD-Wähler zurückgewinnen.

Demnach gaben 41 Prozent der AfD-Wähler an, Merz würde sie bestärken, die Union zu wählen. Nur 15 Prozent würden sich durch ihn abgeschreckt fühlen. Bei Kramp-Karrenbauer fänden sieben Prozent der AfD-Wähler die Union attraktiver als derzeit, 33 Prozent unattraktiver.

Umgekehrt sieht es bei den Anhängern von SPD und Grünen aus. Hier könnten sich 20 beziehungsweise 25 Prozent vorstellen, eine Union mit der neuen CDU-Chefin als Spitzenkandidatin zu wählen – bei Friedrich Merz sind es jeweils nur neun Prozent.

Stärker punkten kann AKK laut der Umfrage auch im eigenen Lager: 39 Prozent der Unions-Anhänger würden sich mit ihr als Kanzlerkandidatin bestärkt fühlen, für CDU oder CSU zu stimmen, nur 15 Prozent schreckt sie ab. Bei Merz sind es 31 gegenüber 24 Prozent.  dpa/afp

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