Digitale Frauenpower

von Redaktion

Staatsministerin Judith Gerlach will per Initiative mehr Frauen für die Digitalbranche gewinnen

München – Zum Schluss dann noch ein Foto, Ministerin neben Christbaum. Und weil man ja hier im Digitalministerium ist, ist auch der Baum: digital. Er lässt sich einfach auf dem Handy einblenden, per App. Kann man komisch finden, ist aber andererseits eine nette, kleine Spielerei im vorweihnachtlichen Ernst.

Judith Gerlach (CSU) mag so was. Überhaupt passt der Baum irgendwie zum Inneren des neuen Bayerischen Digitalministeriums, in dem alles noch etwas virtuell, man könnte auch sagen: karg wirkt. Steril-weiße Wände, der Geruch von fabrikneuem Teppich, Einzugskartons hinter Milchglastüren. Alles ist noch im Werden, aber die 33 Jahre junge Ministerin plagt offenbar Tatendrang.

Deshalb stellt sie in der Woche vor Weihnachten schon mal ihr erstes Projekt vor: Sie will möglichst schnell möglichst viele Frauen in digitale Berufe locken. Im Moment, sagt Gerlach, seien bundesweit 490 000 Stellen in den sogenannten MINT-Berufen (Mathe, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) unbesetzt. Das liege vor allem am geringen Frauenanteil in diesem Bereich. Unter den Informatik-Studenten etwa seien 2018 nur 20 Prozent Frauen, bei den Auszubildenden für Fachinformatik nur magere sieben Prozent. „Da geht ein enormes Potenzial an digitaler Frauenpower verloren.“

Gerlach will mit einer Initiative gegensteuern, die zumindest schon mal einen Namen hat: „BayFiD – Bayerns Frauen in Digitalberufen“. Sie setzt früh an: Junge Mädchen sollen schon in der Schule für digitale Berufe begeistert und gefördert werden. Außerdem sollen Gründerinnen in der Digitalbranche unterstützt werden, der Frauenanteil in der Forschung steigen.

Kernstück der Plans ist ein Talentprogramm für Frauen zwischen 18 und 30 Jahren. Menschen mit Vorbildfunktion im digitalen Bereich – also Unternehmer, Wissenschaftler, Politiker – sollen künftig pro Jahr 50 junge Talente auf dem Weg ins Berufsleben begleiten und fördern. Gerlach denkt dabei an Workshops, Seminare, aber auch Praktika. Mitte nächsten Jahres soll es losgehen; im Moment sucht das Ministerium noch passende „Digital-Paten“, die der Initiative ein bisschen prominenten Auftrieb geben.

Die erste gibt es schon: Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für Digitalisierung in Berlin. Sie hat in diesen Tagen eine Reihe großer Unternehmen im Raum München besucht und sagt auch: „Egal, wo man hinschaut, es fehlen die Talente.“

Bär ist quasi das Bundes-Pendant zu Gerlach, auch wenn sie, streng genommen, kein eigenes Ministerium hat. Vor einigen Monaten träumte sie von Flugtaxis, zuletzt trommelte sie für den Digitalpakt des Bundes, der nun vorerst gestoppt ist. In Deutschland etwas voranzubringen, ist, wenn es ums Digitale geht, nicht ganz leicht. Oder wie Bär sagt – es gibt da ein „Umsetzungsdefizit“.

Die beiden Ministerinnen wollen die Stagnation zumindest beim Thema Frauen in Digitalberufen durchbrechen. „Ich mag das Wort zwar nicht“, sagt Bär. „Aber es ist einfach alternativlos, auf Frauen zu setzen.“ MARCUS MÄCKLER

Artikel 1 von 11