„Da muss Markus Söder noch hineinwachsen“

von Redaktion

Karl-Theodor zu Guttenberg rechnet mit dem künftigen CSU-Chef ab – Seehofer nennt das „Käse“

München – Es sind die Wochen der Wehmut in der CSU. Zumindest für Horst Seehofer. Gestern Abend lud er zum letzten Mal als CSU-Chef die Landtagspresse zur Weihnachtsfeier – jene legendäre Veranstaltung, auf der vor sechs Jahren die Rivalität zwischen Seehofer und Markus Söder an die Öffentlichkeit kam und die deutsche Sprache um das schöne Wort „Schmutzeleien“ bereichert wurde. Vermutlich ist es Zufall: Aber just am Tag dieser letzten Weihnachtsfeier wurde Söder nun Opfer einer besonders schweren Schmutzelei: Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kübelte den Schmutz in einem FAZ-Interview geradezu über Söder aus.

Wobei: Die größte Gemeinheit hatte Guttenberg schon tags zuvor in einem Interview in der „Kleinen Zeitung“ in Österreich zu Protokoll gegeben. „Das intellektuelle und internationale Format eines Franz Josef Strauß oder eines Theo Waigel erreicht Markus Söder noch nicht“, erklärte Guttenberg da. Tags darauf wiederholte er den Satz in der FAZ fast genauso – nur das Wort intellektuell ließ er weg. Dafür sagte er genügend anderes.

„Die CSU muss sich vergewissern, wie tragfähig diese Lösung auf Dauer ist und inwieweit sich der neue Parteivorsitzende für diese große Aufgabe eignet“, beginnt Guttenberg seinen Generalangriff auf den designierten CSU-Chef Söder, der am Montag vom Vorstand einstimmig nominiert worden war. Guttenberg, der über einen erschummelten Doktortitel gestolpert war, macht bei Söder gleich mehrere Bereiche aus, „in denen er sich noch entwickeln muss“. Die großen Vorsitzenden habe eine Bandbreite an Themen ausgezeichnet. „Da muss Markus Söder noch hineinwachsen.“

Eine Volkspartei wie die CSU müsse nicht nur den Stammtisch, sondern auch die intellektuelle Diskussion beherrschen. „Es reicht nicht aus, etwa beim Thema Migration mit einer plumpen Rhetorik zu arbeiten. Ein neuer Vorsitzender muss auch die nationale und internationale Dimension des Themas verkörpern.“ Das geschehe bei Söder bislang zu wenig. „Vor allem muss der neue Parteivorsitzende auch viel mehr in Berlin präsent sein, wo die Entscheidungen getroffen werden. Auch das ist eine neue Herausforderung für Markus Söder.“ Er traue Söder zwar die „Entwicklung zu einem pater familiae“ zu. „Trotzdem ist der Schritt, den er an der Parteispitze unternehmen muss, gewaltig.“

Eine Rückkehr Guttenbergs in die Politik wird damit noch unwahrscheinlicher. Im Herbst 2017 sah das anders aus, als KT auf besonderen Wunsch Seehofers als Edel-Helfer in den Bundestags-Wahlkampf einstieg. Der Freiherr tourte durch Bayern, Tausende kamen. Im Bierzelt auf dem Gillamoos stahl er dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz die Show, der nebenan auftrat. Einige mutmaßten, eine Rückkehr nach Deutschland sei nur eine Frage der Zeit.

In der CSU, die nach den monatelangen Personalquerelen gerade ein kleines Päuschen der Harmonie einlegt, schlagen die Worte mit voller Wucht ein. Zunächst äußert sich keiner. Ausgerechnet Seehofer, der Guttenberg-Förderer, verteidigt am Abend Söder. Bei der Weihnachtsfeier. „Diese Vergleiche, wer wie weit von Theo Waigel entfernt ist, sind Käse. Ich halte nichts von Vergleichen, wer der Größte ist.“

Guttenberg sagt kokett, er sei bereit, sich mit seinen „dürftigen Erfahrungswerten einzubringen“. Er wünsche aber keine wichtige Rolle in der CSU. Die Partei dürfte diesen Wunsch spätestens jetzt teilen.  mik/cd

Artikel 1 von 11