MIKE SCHIER
Nein, man muss kein Mitglied im Markus-Söder-Fanclub sein, um sich über den Frontalangriff von Karl-Theodor zu Guttenberg zu wundern. Der gefallene Verteidigungsminister erscheint erstaunlich hoch zu Ross mal wieder auf der politischen Bildfläche und gibt dem designierten Parteichef via Interview ebenso gönnerhafte wie vergiftete Ratschläge. Spätestens an dem Punkt, an dem Guttenberg Nachhilfe in Sachen Demut und Lernfähigkeit erteilt, droht das Ganze zur Realsatire zu verkommen.
Das Problem für die CSU: Viele Punkte, die der Hoffnungsträger a. D. anspricht, enthalten einen wahren Kern. Söders Wandlung vom „brachialen Machtpolitiker zum demütigen Teamspieler“ wirft Fragen der Glaubwürdigkeit auf, die in der verunsicherten CSU niemand zu stellen wagt. Die Aufarbeitung der schlechten Wahlergebnisse reduziert man auf die Person Seehofer, während Söder trotz 37,2 Prozent zum starken Mann wird und Fraktionschef oder Generalsekretär bleiben dürfen.
Söders Aufstieg aber hat einen einfachen Grund: Es findet sich niemand, der ihn herauszufordern wagt. Manfred Weber fehlte inmitten seiner Europa-Kampagne der Mut, Ilse Aigner zog es ins bequemere, weil repräsentative Landtagspräsidium. Und selbst ein zu Guttenberg weigert sich, quasi als Friedrich Merz der CSU, seinen Hut in den Ring zu werfen. Lieber gibt er von außen Ratschläge. Das mag man sich als Elder Statesman erlauben können, doch mit 47 Jahren ist man dafür noch zu jung.
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