Machtkampf in der CDU

Merz will das Rückspiel

von Redaktion

GEORG ANASTASIADIS

Nachtreten ist unsportlich, aber durchaus üblich in der Politik: „Kanzler oder Kohle“, etwas anderes komme für den Blackrock-Mann Friedrich Merz nicht infrage, höhnten dessen Gegner nach der Parteitagsniederlage des 63-Jährigen. Der Wahlschlappe sollte, man weiß ja nie, auf dem Fuß auch noch die moralische Ächtung folgen. Doch oh Schreck: Statt seine Millionen zu zählen, will Merz Merkels (Finanz-)Minister werden.

Der Kanzlerin ist das ungefähr so lieb wie Mottenbefall, und sie sieht noch nicht einmal Veranlassung, ihren Regierungssprecher um den heißen Brei herumreden zu lassen. Höchste Schauspielkunst verlangt die neue Lage aber der frischgebackenen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ab: Sie muss ihren Missmut hinter der Miene freudiger Überraschung verbergen. Schlägt sie, was als Chefin der Koalitionspartei CDU ihr Vorrecht wäre, Merz als Minister vor, hat sie den gerade besiegt geglaubten Rivalen wieder am Hals. Lehnt sie ihn ab, gibt’s Ärger mit den Konservativen und Wirtschaftsliberalen in ihrer Partei – und nach einer im Zorn verlorenen Europawahl womöglich einen handfesten Aufstand.

In der CDU, in der sich zwei gleich große Lager feindselig belauern, ist die Partie um die Macht noch nicht vorbei. Die freundlichen Gesichter, die großherzigen Angebote, das vermeintliche Werben darum, den Unterlegenen „einzubinden“: alles Show. Merz will das Rückspiel. Und es geht ihm um nichts weniger als um die Kanzlerschaft.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

Artikel 10 von 11