Welche Konsequenzen haben der US-Truppenrückzug aus Syrien und eine deutliche Verringerung der militärischen Präsenz der USA in Afghanistan? Darüber sprachen wir mit dem Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour.
Als Grüner müssten Sie die Ankündigungen aus Washington doch eigentlich begrüßen, oder?
Es stimmt, der Einsatz der Amerikaner in Syrien ist völkerrechtswidrig. Aber, was Trump in Syrien und in Afghanistan vorhat, ist trotzdem sehr problematisch. In Syrien müssen sich die Kurden verraten fühlen. Die USA gelten bislang als ihre Schutzmacht. Nun werden sie allein gelassen mit Erdogan auf der einen und Assad auf der anderen Seite.
Es wird also nicht friedlicher in Syrien?
Nein. Eher ist eine Art Sieg-Frieden zu befürchten, der seitens des Assad-Regimes starke Elemente einer Siegerjustiz haben könnte. Auch eine Konfliktverschärfung zwischen der Türkei und Syrien steht im Raum, denn Assad wird es kaum zulassen, dass sich die Türkei dauerhaft auf seinem Territorium niederlässt. Darüber hinaus stellt sich jetzt die Frage, wie man den Iran davon abhalten kann, seine Truppen dauerhaft an der israelischen Grenze zu stationieren.
Und in Afghanistan?
Für Afghanistan ist die Ankündigung noch dramatischer. Denn dort tragen nicht wie in Syrien die Russen die Hauptverantwortung für die Geschehnisse, sondern der Westen. Ein amerikanischer Abzug wäre das Ende der westlichen Hilfe für die Afghanen und ein großer Schritt für die Taliban in Richtung Sieg.
Muss sich Europa auf neue Flüchtlingsströme einstellen?
Das ist denkbar. Allerdings sind die Wege über die Türkei und den Balkan praktisch versperrt. Das alles erinnert an das Jahr 2014, als Nachbarstaaten Syriens mit der Flüchtlingssituation heillos überfordert waren und Europa weggeschaut hat.
Was bedeutet der Rückzug von US-Verteidigungsminister Mattis?
Mattis war sicher kein Minister, der für Friedenpolitik stand, aber für Berechenbarkeit. So gesehen ist sein Abgang schon dramatisch.
Interview: Stefan Vetter