Politiker und Quereinsteiger

Springteufel mit Schwefelgeruch

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Zum Jahresende erlebt die deutsche Politik zwei spektakuläre Kurzauftritte, in Bayern würde man sie Schachterldeife nennen. Überfallartig versuchte Friedrich Merz, CDU und Kanzleramt zu übernehmen. Weniger wirkmächtig, aber schlagzeilenträchtig war Karl-Theodor zu Guttenbergs Angriff auf die CSU-Spitze. Beide ziehen Beifall auf sich, weil sie sich auflehnen gegen vermeintlich zementierte Machtsysteme: die immerwährende Merkel-Kanzlerschaft und den selbst von schlechtesten Wahlergebnissen nicht aufzuhaltenden Aufstieg Söders.

Dennoch bleibt ein fader Nachgeschmack, ein Hauch von Schwefel umhüllt die Springteufel. Er rührt nicht aus Herkunft oder Vorgeschichte Merz’ und zu Guttenbergs: Multimillionäre und Polit-Aussteiger. Na und – wer Talent und Kraft mitbringt, darf gern in die Politik zurückkehren. Nein, sie haben es bei ihren Überraschungsangriffen an Anstand vermissen lassen. Merz weigert sich nach seiner Niederlage, sich in die Parteiarbeit einbinden zu lassen. Guttenbergs Ansinnen ist sogar rein destruktiv – Söder zu schaden. Wer in der Politik einen Scherbenhaufen hinterlassen hat wie er als Verteidigungsminister, darf sich fernmündliche Stänkerei nicht leisten. Noch dazu hat Guttenberg (wie drei, vier andere in der CSU) den Zeitpunkt verstreichen lassen, an dem er sich um Verantwortung aktiv hätte bemühen können.

Nun wirken Ende 2018 die braven Karrierepolitiker gestärkt, die sich im System hochgearbeitet haben. Uneitel, nüchtern, etwas langweilig. Das muss nicht falsch sein, gerade in den nahenden Zeiten, wo’s wirtschaftlich kriselt, ist stabile Langeweile besser als Aufgeregtheit. Wichtig wäre aber, dass der Ruf nach inhaltlichen Korrekturen der Merkel-Politik, mit dem Merz ja voll Recht hatte, jetzt über den Macht- und Stilfragen nicht verloren geht.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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