Kinshasa – Der Kongo steht vor dem ersten demokratischen Machtwechsel seit fünfzig Jahren: Der seit 17 Jahren regierende und als korrupt angesehene Joseph Kabila darf nicht mehr antreten. Doch die Hoffnung auf einen Neuanfang in dem rohstoffreichen und von Konflikten und Ebola erschütterten Land hält sich in Grenzen: Der Kandidat der Regierungspartei, Ex-Innenminister Emmanuel Ramazani Shadary, gilt als Marionette Kabilas. Wegen der Niederschlagung von Oppositionsprotesten hat ihn die EU mit Sanktionen belegt. Doch aufgrund eines von Kabila geänderten Wahlsystems geht Shadary als klarer Favorit ins Rennen.
Im Großteil des zentralafrikanischen Landes wird am Sonntag gewählt. Im Hinblick auf die Ebola-Epidemie im Osten und bewaffnete Konflikte ordnete die Wahlkommission in letzter Minute in einigen Gebieten eine Verschiebung auf März an.
Die Opposition konnte sich vor der Abstimmung nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Die wohl beliebtesten Oppositionspolitiker, Moïse Katumbi und Jean-Pierre Bemba, wurden erst gar nicht zur Wahl zugelassen. Für die großen Parteien der Regierungsgegner treten nun zwei Politiker an: Martin Fayulu und Félix Tshisekedi. Sie versprechen den Wählern eine Befriedung des Landes, Arbeitsplätze und ein Ende der Korruption.
Doch Beobachter räumen ihnen nur geringe Chancen ein. Shadary (58) hat einen Amtsbonus und konnte sich im Wahlkampf auf die Maschinerie der Regierung und die staatlichen Medien stützen. Die Opposition hingegen wurde nach Kräften gegängelt. Zudem favorisiert das 2011 von Kabila geänderte Wahlrecht Amtsinhaber und bereits bekannte Kandidaten: Der Gewinner braucht nur eine einfache Mehrheit – und die Stimmen der Opposition werden sich auf mehrere Kandidaten verteilen.
„Angesichts der Spaltung der Opposition und den Vorteilen, die Shadary als Kabilas designierter Nachfolger hat, halten wir seinen Wahlsieg für nahezu garantiert“, erklärt Afrika-Experte Francois Conradie vom südafrikanischen Beratungshaus NKC. Allerdings werde es „ernsthafte Zweifel an der Legitimität seines Wahlsiegs geben“.
Bereits vor der Wahl warnte die Opposition vor Wahlbetrug. Bei der Abstimmung werden erstmals Wahlmaschinen mit Touchscreens eingesetzt. Die Opposition fürchtet, dass die Ergebnisse leichter manipuliert werden könnten. Zudem wenden sie ein, dass viele Kongolesen – vor allem auf dem Land – mit der Technologie überfordert sein könnten. Experten befürchten, dass es nach einem Sieg Shadarys in den Großstädten zu Massenprotesten der Opposition und einer blutigen Niederschlagung kommen könnte. Kongos Militär und Polizei sind dafür bekannt, rabiat durchzugreifen.
Kabilas Amtszeit endete 2016, er ließ die Wahlen jedoch immer wieder verschieben. Die Wahlen im Kongo sind eine große logistische Herausforderung. Weite Teile des Landes sind nur mit Boot oder Motorrad zu erreichen. Der Kongo ist sechsmal so groß wie Deutschland, Schätzungen zufolge gibt es jedoch nur etwa 4000 Kilometer asphaltierter Straßen. In Deutschland gibt es alleine 230 000 Kilometer überörtlicher Straßen.
In fast jeder Handybatterie in Deutschland steckt Kobalt aus dem Kongo, in der Elektronik steckt kongolesisches Tantal. Auch Kupfer, Gold und Diamanten gibt es reichlich. Doch die Gier nach den wertvollen Rohstoffen heizt seit Jahrzehnten auch blutige Konflikte an. JÜRGEN BÄTZ UND PASCAL MULEGWA